
Engel
Bestimmt haben auch Sie mindestens einen Deko-Engel zu Hause. Sie sind mittlerweile in jeglicher Form bei uns in der Gesellschaft etabliert. Gerade jetzt zur Weihnachtszeit scheinen sie in den Läden der Renner zu sein.
Dass wir uns die schönen Engel nicht nur in die Wohnung stellen, sondern ihnen auch höhere Bedeutung zuschreiben, bestätigen viele Studien. Gerade das Konzept des Schutzengels ist beliebt, sogar beliebter als der Glaube an Gott.
Die Engel, so kann man sagen, haben sich emanzipiert von Gott. Sie sind eigenständig und unabhängig. Sie haben einen festen Bestandteil in unserer Kultur erlangt.

Besonders ihr ungewisses Aussehen (hatten sie Flügel oder nicht? Sehen sie aus wie Menschen?) scheint unser Interesse zu wecken.
Die Bibel bietet uns ein paar Beschreibungen. Dort sind Engel tatsächlich die, die sechs Flügel haben und völlig pompös dargestellt werden.
Auch diese Bilder regen die Fantasie an. Jeder und Jede kann sich sein eigenes, ganz persönliches Bild von einem Engel machen. Sie sind interpretationsoffen. Gerade das, scheint zu gefallen.
Werfen wir einen genauen Blick in das Buch der Bücher, so können wir an mehreren Stellen vom Engel Michael lesen:
Er ist zunächst einmal ein Engel unter anderen. Erst später wird er so eine Art Engelsfürst oder Erzengel, steigt in der Hierarchie der Engel hinauf.
Dann, in der Offenbarung des Johannes, kämpft er mit dem alten Drachen, der Schlage, dem Teufel oder auch mit Satan.
Die Rede ist von dem „Bösen“ als Macht, als eine Kraft, die Menschen in ihren Bann zieht.

Michael scheint mühelos durch diesen Kampf zu ziehen.
Keine lang Kampfszene, die beschrieben wird; keine Wunden, die er davonträgt. „Das Böse“ fällt bei ihm vom Himmel einfach auf die Erde.
Mit dem Sieg ertönt eine Stimme: „Rettung ist da!“ Denn mit dem Sieg Michaels beginnt nicht etwas seine eigene Herrschaft über die Welt, sondern Gottes Herrschaft. Michael kämpft im Sinne und im Auftrag Gottes.
Und sein Name stellt, passend zu seinem Sieg, die Frage dazu:
Denn „Michael“ heißt übersetzt: „Wer ist wie Gott?“ – eben keiner. Nicht einmal das Böse hat die Macht, Gott zu gefährden.
Michael ist ein spannender Engel. Ausdrucksstark und mächtig. Ohne Furcht, ohne Zittern.
Einer, der sein Schwert dazu nutzt, das Böse zu besiegen und die Menschen zu verteidigen. Ein im wahrsten Sinn des Wortes wohlwollender Engel.
Dieses Bild von einem kämpfenden Engel scheint völlig normal zu sein, ja sogar zu gefallen.
Aber Gott als Krieger mit Schwert in seiner Hand, das ist für viele nicht vorstellbar, sogar unvorstellbar. Viel lieber reden wir von dem liebenden Gott, dem friedlichen Überwacher von oben.
Wieso? Vielleicht, weil Gott uns zu groß, zu mächtig erscheint? Weil sein Bild zu abstrakt ist für uns?
Vielleicht brauch es eine Art der Hierarchie, die dies erst begreifbar machen kann.
Was es auch immer sein mag: Was wäre denn das für ein Gott, der sich am Ende nicht durchsetzt, der nicht durch seine Engel siegt?
Michael zeigt uns in der Offenbarung die wichtigste Funktion von Engeln: Sie kämpfen gegen das Böse und siegen über angsteinflößende Gestalten.
Was sie allerdings dabei so besonders macht, ist, dass sie nie allein kämpfen, sondern immer im Auftrag Gottes, als Anwalt Christi unterwegs sind.
Sie haben keine eigene Botschaft, sondern bringen die Botschaft Gottes mit, die lautet: Gott ist für mich da! Er steht mir bei und schickt mir jemanden an meine Seite.

Die Engelvielfalt in unserer Gesellschaft ist, meiner Meinung nach, auch Ausdruck von einem Sehnsuchtsgefühl, der Sehnsucht danach, dass da jemand ist. Dass da jemand ist, der sie begleitet, sie kennt. Kein abstraktes Wesen, sondern ganz persönlich.
Eben Jemand, wie Michael, der gegen das Böse und Dunkle in mir und um mich herum ankämpft.
Jemand, der sich für mich einsetzt, der sich für mich stark macht, wenn ich es gerade nicht kann.
Jemand, der sich meinen inneren Dämonen, meinen Ängsten und negativen Gefühlen stellt und über sie siegt.
Und all das, sind eben auch Gottes Anliegen; vielleicht zu abstrakt zu verstehen, mit dem Bild von Gott, dass viele vor Augen haben; und doch so wichtig für uns zu wissen.
Denn der Glaube an Engel ist nichts anderes als das Vertrauen darauf, dass Gottes Zuwendung bei uns Menschen ankommt.
Und ja, vielleicht braucht es die Engel, in welcher Form und Gestalt auch immer. Sie schenken diese gewisse Sicherheit.
Doch das entscheidende ist, dass dahinter immer Gott steht.
So wie Gott Michael in den Kampf gerufen hat, so sind auch für uns seine Engel im Einsatz. Mal im Kampf, mal in anderer Funktion, aber immer persönlich und individuell; Weil Gott uns eben nicht allein lässt, sondern uns zu allen Zeiten des Lebens begleitet. Darauf können wir vertrauen.
Ihre Vikarin
Greta Wolske