

"Dem Höchsten Gott allein zu Ehren, dem Nechsten, draus sich zu belehren."
So schließt Johann Sebastian Bach das Vorwort zu seinem "Orgelbüchlein".
In seiner Zeit in Weimar (1712-1717) hatte er ein ehrgeiziges Projekt begonnen: zu 164 Chorälen wollte er Vorspiele für "anfahende Organisten" schreiben. In einem querformatigen Heft hatte er schon alle Titel vermerkt und festgelegt, ob die Stücke sich über eine oder zwei Seiten erstrecken sollten. Aus welchen Gründen J.S.Bach das Projekt nicht zu Ende führen konnte ist nicht überliefert. 46 Bearbeitungen sind im Laufe der Jahre entstanden, die wie die Lieder im Gesangbuch nach dem Kirchenjahr geordnet sind. Zu dem Pfingstchoral "Komm Gott, Schöpfer, Heiliger Geist" ist ein Stück notiert, das J.S.Bach selbst später noch zu einer größeren Form erweitert hat.
So beginnt das Choralvorspiel, hier in Bach's Handschrift:

und in heute gebräuchlicher Notation:

Auffällig ist, dass zwei Taktangaben vorangestellt sind: einmal als Viervierteltakt (C) und dazu als Zwölfachteltakt (12/8). Für einen Melodieton sind in den drei Unterstimmen jeweils 3 Achtelnoten vorhanden. Bach, der seine Kompositionen tiefgründig theologisch durchdacht hat, weist hier auf die Dreieinigkeit Gottes hin (3 in 1: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist). Und da am Pfingstfest das Wirken des Heiligen Geistes betont wird, setzt er in der tiefsten Stimme im Pedal den Akzent immer auf das dritte Achtel.
Solches "Predigen mit Tönen" des Komponisten Bach erschließt sich zugegebenermaßen leichter, wenn man in die Noten schaut. Darüber hinaus aber ist es immer großartige Musik, die nicht nur Wohlklänge erzeugen will, sondern Tiefgründiges erleben lässt.
Gesegnete Pfingsten !
P. S.: Wer das Stück gerne mal hören möchte kann dies HIER tun, eine hervorragende Aufnahme, eingespielt von Wolfgang Zerer (wahrscheinlich) auf der Arp-Schnitger-Orgel in Hamburg, St. Jacobi. Besser geht's nicht. Es empfiehlt sich, dies nicht über die Computer-Lautsprecher zu hören, sondern mindestens mit ein paar guten Kopfhörern. (H. H.)