Zwanzig Jahre Hoffnungsgemeinde - Ein Rückblick

# Ho Hoffnungszeichen

Zwanzig Jahre Hoffnungsgemeinde - Ein Rückblick

„Wir gehen ständig aus der Vergangenheit in die Zukunft. Das heißt: Wir befinden uns in einem ständigen Prozess, selbst die Gegenwart verändert sich ständig, während wir festhalten möchten, was wir haben und gewohnt sind. Viele dieser Veränderungen nehmen wir erst wahr, wenn sie ein bestimmtes Maß gegenüber unserem Bewusstseinsstand erreicht haben." (Zitat Oberkirchenrat Jürgen Telschow, 1999

Diese Sätze haben Gültigkeit bis in unsere Zeit. Am 1. Januar 2003 wurde nach zwei Jahren der Vorbereitung der Grundstein für unsere heutige Hoffnungsgemeinde gelegt. Zu ihrem Namen kam die Hoffnungsgemeinde durch einen Wettstreit. „Samaritergemeinde“ und „Hoffnungsgemeinde“ standen als Namen zur Auswahl. Schließlich votierten die Kirchenvorstände in einer spannenden Abstimmung für den Namen HOFFNUNGSGEMEINDE.  

Die Hoffnungsgemeinde entstand aus drei selbstständigen Gemeinden: Weißfrauen, Gutleut und Matthäus. Zuerst kam es zur Fusion der Weißfrauen- und Gutleutgemeinde zur „Gemeinde am Hauptbahnhof“. Diese stellte dabei nur eine Interimslösung dar. Die Gemeinde am Hauptbahnhof schloss sich schließlich mit der Matthäusgemeinde zusammen.

Die drei ursprünglichen Gemeinden mit ihren unterschiedlich strukturierten Stadtteilen sind auch eng verbunden mit den Pfarrern dieser Zeit. Zu nennen sind: Für die Weißfrauengemeinde Pfarrer Ludwig Schneider, für die Gutleutgemeinde Pfarrer Johannes Herrmann, für die Matthäusgemeinde Pfarrer Thomas Hessel. Die Pfarrpersonen prägten ihre Gemeinden und die aktiven Gemeindeglieder in den Stadtteilen.  

Das Gemeindegebiet unserer Hoffnungsgemeinde ist aufgrund der Sozialstruktur sehr divers. Das Gallusviertel war früher Arbeiterviertel und ist heute mit dem Europaviertel ein Zuzug starkes Gebiet in Frankfurt. Das früher kleinbürgerlich geprägte Gutleutviertel hat heute den höchsten Ausländeranteil in Frankfurt und gleichzeitig ist durch die Umwandlung des Westhafens zum gehobenen Wohngebiet eine besondere Situation entstanden. Das südliche Westend mit seinen herrlichen Gründerzeit-Villen ist nach wie vor von vielen sehr gut situierten Familien und Singles bewohnt. Schließlich das vielfältige und bunte Bahnhofsviertel, das gleichzeitig die Problematik der Drogenpolitik verdeutlicht.

Konkret: Wenn rund um den Hauptbahnhof viele Sozialfälle und Obdachlosigkeit plus Drogenproblematik die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen, ist das nahe Westend mit dieser Realität weniger konfrontiert und betrachtet die soziale Wirklichkeit eher distanziert. Diesen Bogen zu spannen ist für Pfarrpersonen und Ehrenamtliche der Hoffnungsgemeinde nicht immer leicht. Die Kaffeestube Gutleut schlägt hier eine Brücke. Rein durch Spenden finanziert, bietet sie Menschen, ein warmes Mittagessen und ist somit bis heute das größte karitative Projekt der Hoffnungsgemeinde.

Die Hoffnungsgemeinde stand in ihrer jungen Geschichte auch vor großen Herausforderungen die Gebäude betreffend. Noch vor der Fusion entschied die Regionalversammlung, das Eckgrundstück Friedrich-Ebert-Anlage / Hohenstaufenstraße zu verkaufen und die Matthäuskirche ersatzlos abzureißen. Die Hoffnungsgemeinde kämpfte um ihre Kirche, sodass es schließlich am 12.9.2018 zu einem geänderten Beschluss kam, der nur den Verkauf eines Teilgrundstückes vorsah, wobei die Gemeinde einen Teil der Fläche für ihre Zwecke nutzen und die Hoffnungskirche bauen wird.  

Dagegen wurde die Gutleutkirche (Gutleutstraße 121) entwidmet und beherbergt heute ein Jugendzentrum und im OG die „Teestube Jona“ als soziale Einrichtung für Menschen in prekären Lebenslagen. Daraus ergab sich auch die Notwendigkeit des Umzugs der Kaffeestube Gutleut in das Familie-Martin-Jürges Haus in der Gutleutstraße 131.  

Die in den fünfziger Jahren errichtete Weißfrauenkirche (1955/56) - ein bemerkenswerter Bau von Architekt Werner W. Neumann  - wurde dank des Engagements von Pfarrer Ludwig Schneider vor einem möglichen Abriss gerettet und steht heute unter Denkmalschutz; sie ist nun die vielseitig genutzte Weißfrauen-Diakoniekirche mit dem angrenzenden Obdachlosenzentrum WESER5. Im Gutleutviertel entstand in der Hafenstraße 7, nahe am Neubaugebiet Westhafen und in der unmittelbaren Nachbarschaft unserer „Evangelischen Kita am Westhafen“, ein Gemeindehaus mit Versammlungs- und Tagungsräumen, die auch für Gottesdienste geeignet sind. Hier befindet sich auch bis heute unser Gemeinde- und Pfarrbüro.  

Neben allen baulichen Strukturen bilden doch die Menschen eine Kirchengemeinde. Anfangs war auch dieses Zusammenwachsen nicht immer leicht. Die jeweiligen Pfarrer der Ursprungsgemeinden standen untereinander natürlich in Kontakt, blieben jedoch in der täglichen Arbeit in ihrem Milieu – der Blick „über den Tellerrand“ hinaus war dadurch eingeschränkt. Auch bei einem Kanzeltausch der Pfarrer war der Gegensatz zu „ihrem Publikum“ spürbar, umgekehrt empfanden die aufmerksamen Gottesdienstbesucher, dass an diesem Sonntag nicht „unser Pfarrer“ vor dem Altar und auf der Kanzel stand.  

Überwunden wurde diese unbefriedigende Situation ab 2010 durch ein „gemischtes Doppel": Pfarrerin Jutta Jekel und Pfarrer Lars Kessner, die gemeinsam frischen Wind und neue Impulse in unsere ehemaligen Traditionsgemeinden tragen konnten. Es war kein Neuanfang, jedoch ein neuer Abschnitt in der Gemeindechronik. Beide haben ihre Arbeit in der Hoffnungsgemeinde abgeschlossen, einerseits durch Versetzung in den Ruhestand, im anderen Falle durch einen Pfarrstellenwechsel.  

Die Hoffnungsgemeinde hat sich nach 20 Jahren ihren Platz unter den evangelischen Gemeinden erarbeitet, um nicht zu sagen erkämpft, und ist ein wichtiger Baustein in der Evangelischen Kirche Frankfurt Offenbach. Die Entwicklung unserer Gemeinde wird heute durch eine Vielzahl an Ehrenamtlichen, die vom aktuellen Pfarrteam Andreas Klein und Dr. Annegreth Schilling zur gelebten Beteiligung ermutigt werden, bestimmt. Zukunftsvisionen werden gemeinsam durchdacht, durchbetet und erarbeitet. Eine gute Zukunft liegt vor uns, wenn alle, die sich fähig fühlen, mitmachen, damit der Name HOFFNUNGSgemeinde ein Vorzeichen bleibt, das diesen Namen verdient.

 

Peter Metz ehemaliges KV Mitglied

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