Vier-Farben-Land

# Andacht to go

Vier-Farben-Land

Am 6. August endete die Remscheider Sommerkirche unter dem Motto „Hin und Weg“ und damit auch die Sommerferien. An sieben Sonntagen haben die vier Alt-Remscheider Gemeinden einen gemeinsamen Gottesdienst gefeiert. Menschen haben sich weg von ihrer eigenen Kirche hin zu einer anderen bewegt. „Hier war ich noch nie“, meinte eine Frau in der Christuskirche „was für ein schöner Kirchraum“. Jemand anderes teilte mir mit, dass die Clarenbach-Kirche eigentlich viel näher an seinem zuhause läge, auch wenn er zur Auferstehungskirchengemeinde gehöre.

Für mich waren gerade solche Gespräche „Hin und weg - Begeisterungsmomente. Dazu mit Menschen in einer Kirchenbank zu sitzen, die ich nicht kenne, Liedblätter zu teilen und ein lauter, voller Gesang. 

Ja, das Gefühl, dass wir eben nicht wenige evangelische Christen in Remscheid sind, auch wenn es uns manchmal so vorkommt. 

Natürlich gab es auch die Hürden. Das schlechte Busnetz in Remscheid. Die Frage, wie komme ich zur anderen Kirche. Und doch freue ich mich, dass sich jeden Sonntag so viele auf den Weg gemacht haben.

Ich musste bei all den Gottesdiensten immer wieder an die Geschichte denken, die am 2. Juli in der Lutherkirche erzählt wurde: Vier-Farben-Land, in dem es ein rotes, ein gelbes, ein grünes und ein blaues Viertel gibt. 

Die Menschen, die Tiere und alle Gegenstände sind entweder rot, gelb, grün oder blau. Nur die neugeborenen Kinder sind bunt. Aber das hält nicht lange an. Die Erwachsenen streicheln sie so lange mit ihren grünen, roten, gelben oder blauen Händen bis die Kinder nur noch eine Farbe haben. 

Die gelben Kinder träumen von Löwenzahn und gelben Postautos, von Aprikosengelee und Glühwürmchen. Die roten Kinder spielen Tomaten in den Sonnenuntergang werfen und fühlen alles in rot. Die blauen Kinder raten „welche Farbe hat der Himmel?“ – „blau“ „und welche Farbe das Vergissmeinnicht“ – „blau“. Doch irgendwann wird dieses Spiel langweilig. Im grünen Viertel spielten die Kinder Kaktushüpfen und Graszählen und haben nur grüne Wünsche. 

In jedem Viertel wird den Kindern beigebracht, dass nur ihre Farbe die einzig richtige ist. 

Doch dann wird im grünen Teil des Landes ein Junge namens Erbs geboren, der schon als Baby viel länger bunt bleibt als üblich, bevor er dann doch irgendwann langsam grün wird. Erbs findet alle Farben schön. 

Er läuft zum Mittelpunkt des Landes, wo sich die Grenzen treffen. 
Dort beginnt er mit Hilfe der anderen Kinder, die Trennlinien zwischen den Vierteln zu verwischen. 

Die Kinder spielen miteinander und werden dadurch ganz schnell so bunt, wie sie zu ihrer Geburt waren. Bei den Erwachsenen dauert das sichtlich länger. Aber auch sie erkennen an, dass das bunte Leben sich einfach vollständiger und fröhlicher anfühlt. 

Auch wir haben für die Zeit der Sommerkirche die Grenzen zwischen unseren Gemeinden verwischt. 

Ich wünsche mir, dass wir etwas von diesem Geist auch nach dem Sommerferien beibehalten. Ich wünsche mir, dass wir als Gemeinden in Alt-Remscheid nicht mehr in unseren Gemeindegrenzen denken und planen, sondern ganz Remscheid im Blick haben. Denn ich bin überzeugt, dass wir ohne diese Grenzen gemeinsam die aktuellen Veränderungen viel besser meistern können als allein. 

Wir sind evangelisch in Remscheid und können selbstbewusst das teilen, was uns trägt und was wir lieben. 

Unsere Räume und Geschichten, in immer wieder neuen Worten und Bildern; unsere Rituale und Feste. Wir sind evangelisch in Remscheid mit der frohen Botschaft im Gepäck, das sich Gott den Menschen immer wieder neu und unerwartet zuwendet. Seine Gnade sprengt all unsere Grenzen. 

Eine gesegnete und bunte Zeit wünscht 
Ihre Pfarrerin Charlotte Behr

Dies könnte Sie auch interessieren