Dorfkirche Alt-Reinickendorf ist jetzt klimaneutral

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Dorfkirche Alt-Reinickendorf ist jetzt klimaneutral

Mit einem Festgottesdienst wurde die Dorfkirche Alt-Reinickendorf am Sonntag, den 12. November um 14 Uhr nach längerer coronabedingter Schließung und einer viermonatigen Einbauphase einer zukunftsfähigen, klimaneutralen Heizungsanlage wiedereröffnet. Damit ist sie eine der ersten klimaneutralen Kirchen im evangelischen Kirchenkreis Reinickendorf.

Die bisherige Erdgas-Warmluft-Gebläseheizung wurde durch eine Erdwärme-Wärmepumpen-Heizung ersetzt. Nach umfangreichen Vorarbeiten im Kirchenschiff und im Heizungskeller, der sich im Erdreich neben der Kirche befindet, wurde dafür an fünf Bohrstellen mit einem Durchmesser von etwa einem Kuchenteller rund 85 Meter tief ins Erdreich gebohrt. Mit der sogenannten Spülbohrung wurde das Erdreich mit Hilfe von Wasser hochgespült. In dieser Tiefe herrscht eine konstante Temperatur von 10-12 Grad, die für die Technik der Wärmepumpen-Heizung eingesetzt wird.

Der Heizungsumbau ist Teil eines Modellprojektes mehrerer Landeskirchen der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) mit dem Titel „Energieeffiziente Temperierung in Kirchen (ETiK)“. Ziel dieses Projektes ist es, die Umsetzung von nachhaltigen Lösungen zur Beheizung und Lüftung von Kirchbauten unter ökonomischen, ökologischen und konservatorischen Aspekten zu erproben.

„Wir sind erleichtert und stolz, dass dieses große Projekt nach langer Planung nun endlich verwirklicht werden konnte. Wo treffen sonst in dieser Weise Vergangenheit und Zukunft aufeinander, eine mittelalterliche Dorfkirche auf wegweisende Technik? Die Energiequelle ist (fast) klimaneutral und die neue Regelungstechnik schützt die Kunstwerke und Orgel. Mehr kann man sich kaum wünschen. Viele Menschen haben daran mitgewirkt; doch mein Dank geht vor allem an unser Gemeindekirchenrats-Mitglied Helmut Krüger-Danielson, ohne dessen Beharrlichkeit dieses Projekt in der Schublade geblieben wäre“, sagt Pfarrerin Michaela Markgraf von der Evangelischen Luther-Kirchengemeinde Alt-Reinickendorf.

Klimaneutrale Heizung = regenerative, CO2-freie Wärmeerzeugung

Das Ende 2020 in der Evangelischen Kirche Berlin - Brandenburg - schlesische Oberlausitz (EKBO) beschlossene Klimaschutzgesetz schreibt vor, dass beim Neubau von Heizungsanlagen grundsätzlich auf fossile Brennstoffe (Erdgas, Erdöl, Kohle etc.) verzichtet werden muss. Bestehende Alt-Anlagen werden mit einer CO2-abhängigen Klimaschutzabgabe belegt. Klimaneutrale Neuanlagen können aus einem kirchlichen Klimaschutzfonds mit Zuschüssen gefördert werden.

Die heizungstechnischen Möglichkeiten unter den räumlichen Gegebenheiten in der Dorfkirche Alt-Reinickendorf (kleiner Heizungskeller) waren deshalb sehr begrenzt. Als technisch machbare Lösung kam die Kombination von Erdwärmesonden mit einer Wärmepumpe in Frage. Die Technik dafür ist nicht neu, sondern durchaus schon über viele Jahre hinweg und an zahlreichen Referenzobjekten erprobt. Eine Alternative zu dieser Heizungstechnik schien an diesem Standort nicht möglich.

Grundsatzfragen:

In vielen Landeskirchen - so auch in der EKBO - wird als konsequente Alternative der Standpunkt vertreten, auf eine Beheizung von Kirchen im Winter grundsätzlich zu verzichten. Unter dem Stichwort „Winterkirche“ fänden dann Gottesdienste nur in anderen, ohnehin beheizten Gebäuden statt. Ein anderer Weg ist die Nutzung von elektrischen Heizflächen (z.B. Sitzkissen), um eine gewisse körpernahe Wärme zu erzeugen.  

Nachhaltigkeit

Die Kombination aus Erdwärme & Wärmepumpe in der Dorfkirche Alt-Reinickendorf ist insofern als klimaneutral einzustufen, als die zum laufenden Betrieb der Wärmepumpe und der Erdwärmepumpen nötige elektrische Energie aus regenerativ erzeugtem „Naturstrom“ abgedeckt wird. Es bleiben also Betriebskosten, es entfällt aber eine Klimaschutzabgabe.

Optimierte Wärmeverteilung durch personennahe Wärmequellen

Die Heizungsanlage auf der Basis einer Wärmepumpe bringt es mit sich, dass die Wärmeverteilung in einem flüssigkeitsgebundenen Rohrsystem erfolgt. Die Vorlauftemperaturen liegen in einem Niedrig-Temperaturbereich. Das bedeutet wiederum, dass verhältnismäßig große Heizkonvektoren benötigt wurden, die sich in der Nähe der Sitzbänke befinden und Wärme abstrahlen. Die Heizung erhielt eine automatisierte Heizungsregelung (PC), welche sowohl die Außen- /Innentemperatur, als auch die Luftfeuchtewerte einbezieht.

Die Anlage hält den Kircheninnenraum bei einer Grundtemperatur von 6 bis 8 °C. Für Nutzungszeiten wird eine Raumtemperatur von 16 bis 18 °C angestrebt, wobei es eine Luftfeuchte-Vorrang-Schaltung gibt. Auf- und Abheizen wird jeweils mit einer flachen, mehrstündigen „Rampe“ erfolgen.

Text: Helmut Krüger-Danielson, Umweltbeauftragter des evangelischen Kirchenkreises Reinickendorf (Ehrenamt) Bei Fragen können Sie sich gerne an Herrn Krüger-Danielson wenden. Kontakt: helmut.krueger-danielson(at)elkar.de. 

           

Hier finden Sie weitere Informationen, etwa über Voruntersuchungen zum Raumklima der Kirche, archäologische Untersuchungen im Kirchenschiff und auf dem Dorfanger, das Bewahren von Kunst- und Kulturgütern wie Altar und Orgel und die Geschichte der Dorfkirche.  
     

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