Interview mit Dr. Jürgen Wolff

# Inhalte Immobilienkonzept

Interview mit Dr. Jürgen Wolff

Dr. Jürgen Wolff aus der Pfarrei St. Peter und Paul erzählt, wie das Immobilienkonzept in seiner Pfarrei umgesetzt wurde:

Frage: Erzählen Sie mal: Wie wurde das Immobilienkonzept bei Ihnen in der Pfarrei aufgenommen?

Dr. Jürgen Wolff: Tatsächlich positiv. Entscheidend ist ja, wie man so ein Thema in die Pfarrei hineinträgt. Es ist wichtig, dass wir uns die Immobilien angucken, die wir haben, sowie die veränderten finanziellen Möglichkeiten und Nutzungsmöglichkeiten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. Und zwar so, dass wir sie auch wirklich nutzen können.

In Zeitz haben wir nicht mehr so viele Immobilien im Bestand. In den vergangenen Jahren wurden ja schon einige Kapellen und Kirchen profaniert und abgegeben. Wir haben an profanen Immobilien nur noch das, was tatsächlich auch für die pastoralen Tätigkeiten notwendig ist. Über diese Immobilien können und müssen wir uns unterhalten und jetzt schon überlegen, was wir mit denen perspektivisch tun werden: für die Pfarrei und auch im Kontext der Pastoralregion.  Diese Überlegungen haben wir uns gemacht, seitdem die Broschüre zum Immobilienkonzept herausgekommen ist. Bei uns gab es keinen, der da in irgendeiner Form scheel guckte, sondern alle Gremien standen dem Prozess positiv gegenüber. Alle verstehen, dass man den Euro nur einmal ausgeben kann.  Also man kann natürlich reflexartig sagen: „Och, das ist alles schrecklich!“ Aber es führt ja kein Weg drum herum – und: Wenn ich nicht gestalte, dann werde ich gestaltet. Das ist genau der Satz, den ich auch immer wieder in den Gremiensitzungen gesagt habe. Wir können jetzt gestalten. 


Frage: 
Wie sind Sie in der Pfarrei bis jetzt mit der Erstellung des Immobilienkonzeptes umgegangen?

Dr. Jürgen Wolff: Also erst mal sind wir fertig. Man muss natürlich sagen: Das ist schon ein wahnsinniger Aufwand. Wenn das Immobilienkonzept kommt und man kriegt diese ganzen Tabellen und man muss sich dann überlegen, wie befüllt man das und weiß, man muss jeden einzelnen Raum begucken – das ist ohne Frage viel.  Wichtig ist, dass der Prozess in den Gremien erklärt wird und man sich bewusst Menschen aus den entsprechenden Gremien mit ins Boot holt. Denn man kann nicht mit gefühlt 20 Menschen aus dem Pfarrgemeinderat und dem Kirchenvorstand all die Themen diskutieren.  Sinnvoller ist es, ganz bewusst zu fragen: Wer will sich mit mir gemeinsam diesem Prozess widmen?  So arbeiten am Immobilienkonzept auch wirklich die, die Lust haben und bereit dazu sind. Und ich war wirklich sehr froh, dass sich nicht nur aus der Pfarrei Menschen bereit erklärt haben mitzumachen, sondern auch, dass Frau Stresing als Verantwortliche gesagt hat: „Ich komme raus und helfe.“ Denn für die Fragen im Immobilienkonzept braucht man auch mal einen Hinweis, was denn da erwartet wird. Gemeinsam mit Frau Stresing sind wir dann die Immobilien abgefahren und haben all das betrachtet, was in dem Immobilienkonzept wichtig ist. 

Wir haben nur noch die Immobilien, die aktuell auch für die Pfarrei wichtig sind und von denen Stand heute auch keine zur Disposition steht. Aber trotzdem müssen wir – und das haben wir auch getan – in den Sitzungen darüber nachdenken: Was passiert in drei, in fünf, in acht, in zehn Jahren mit den entsprechenden Immobilien? Auch mit den Fragen: Wie entwickelt sich die Pfarrei und wie entwickelt sich die Pastoralregion?  Das sind genau die Themen, die immer wieder in den Sitzungen diskutiert wurden. Als dann alle Tabellen soweit fertig waren, haben wir darüber im Kirchenvorstand geredet und dann war das Ding fertig.  Die Vorarbeiten waren ätzend lang. Ich bin tagelang durch alle Immobilien gekrochen. Dafür kenne ich meine Pfarrei als Immobilienbestand jetzt supergut, und das ist ja auch wichtig. Und wir können drei Fliegen mit einer Klappe schlagen:  Erstens müssen wir es eh machen wegen der Visitation, zweitens müssen wir es machen wegen des Immobilienkonzeptes und drittens müssen wir es machen, damit wir wieder eine Datenaufnahme haben und wissen was in den nächsten Jahren an Reparaturen und Sonstigem auf uns zu kommen könnte.. Mit diesem Wissen kann ich planen.

 

Frage: Da höre ich raus, dass Sie Chancen darin sehen, sich mit den eigenen Immobilien zu befassen.

Dr. Jürgen Wolff: Ja natürlich! Die Chancen sind, sich ein Bild darüber zu machen, was ich mit dem Immobilienbestand in der Zukunft machen kann. Welchen Immobilienbestand ich behalten muss und welcher vielleicht in den nächsten 10 Jahren auch nicht mehr notwendig ist.  Ich kann ja die Augen nicht vor der Entwicklung verschließen. Die Ideen kann man jetzt diskutieren, wo es noch genug Zeit gibt. Diese Ideen kann man dann auch für die nächste Ebene, der Pastoralregion, durchdenken und fragen: Welche Immobilien sind sakrosankt? Welche kann und werde ich nicht anfassen? Und wo werden alle Ressourcen, wenn es denn notwendig ist, hingeleitet, damit diese Immobilie auch in Zukunft bestehen bleibt?  Das ist in Zeitz natürlich der Dom, und alles, was mit dem Domensemble zu tun hat als der Kern der Pfarrei. Der ist mit allen Mitteln zu halten – auch für die Pastoralregion. Es braucht langfristig eine Immobilie, die das Gesicht der Pfarrei darstellt. Das heißt nicht, dass die anderen übermorgen obsolet sind, aber man muss eben wissen: Welche Immobilien sind absolut vorrangig und welche werden dann entsprechend ihrer Wichtigkeit oder ihrer Entwicklung als nächstes betrachtet? Da geht es um die Gemeindeentwicklung aber auch um die finanziellen Entwicklungen.  Man muss planen. Das ist – für mich – das Wichtigste. Es gibt immer noch genügend Eventualitäten, die plötzlich aufpoppen können, aber das, was ich jetzt schon organisieren kann, das tue ich auch.

 

Frage: Hat das Immobilienkonzept ein Bewusstsein angestoßen, sich zu fragen: Wozu haben wir eigentlich Immobilien? Und was machen wir infolgedessen mit ihnen?

Dr. Jürgen Wolff: Ja, natürlich. Wir haben ja tatsächlich ja nur drei Kirchen, den Kindergarten, das Altenpflegeheim und die Sozialstation in der Villa. Man kann sich bei jeder Immobilie fragen: Wozu habe ich die noch? Oder wozu habe ich die überhaupt? Ich brauche einen Grund, um eine Immobilie zu halten und zu behalten. Ich habe die ja nicht als Schmuck. So eine Immobilie ist ja da, damit sie gebraucht wird. Die steht ja nicht einfach nur da herum, damit wir sagen können: „Och, ist schön, dass wir sie haben!“ Das geht nicht. Sie muss benutzt werden: für pastorale Zwecke. Und der pastorale Zweck muss klar sein. Natürlich hängen an jeder Immobilie Geschichten, es hängen Entwicklungen und Erlebnisse an ihnen, und ich muss natürlich die Emotionen, die damit einhergehen, beachten. Aber sie dürfen nicht die betriebswirtschaftlichen Betrachtungen überlagern. Und so grausam das klingt: Dass vor 123 Jahren der Pfarrer Sowieso mal eine ganz schöne Messe gehalten hat, und deswegen muss diese und jene Kirche behalten werden...? Nein. Es tut mir schrecklich leid: Aber Nein. 

 

Frage: Sie sind in Zeitz fertig mit dem Immobilienkonzept. Was sind jetzt die nächsten Schritte bei Ihnen?

Dr. Jürgen Wolff:  Wir wollten fristgerecht fertig werden, und das haben wir auch geschafft. Da wir Hilfe und Unterstützung des Ordinariates hatten, gehe ich auch davon aus, dass da jetzt nicht mehr sehr viele Änderungswünsche oder Klärungsbedarfe aufpoppen werden, sodass wir jetzt im nächsten Schritt darüber nachdenken können, das Pastoralkonzept entsprechend anzupassen. Jetzt müssen wir im Rahmen der Pastoralregion noch einmal schauen: Welche von den Immobilien sind auch für die Pastoralregion wichtig? Und da ist relativ schnell die Antwort zu geben: Das ist der Dom mit dem, was dazu gehört, denn alles, was für die Pastoral notwendig ist, findet im Dom und im Pfarrzentrum statt.  Und wenn wir irgendwann mal einen Verwaltungskoordinator haben, werden wir auch im Pfarrzentrum ein Büro für diesen haben. Das haben wir alles schon im Rahmen der Erstellung dieses Immobilienkonzeptes mit bedacht. 

 

Frage: Das klingt, als hätten Sie sich in Zeitz schon sehr umfassend Gedanken gemacht…

Dr. Jürgen Wolff: Ja! Es gibt immer Dinge, die einen überraschen können. Aber das, was wir jetzt schon perspektivisch für die nächsten zwei bis zehn Jahre machen können, das tue ich jetzt auch.  Wir haben das Immobilienkonzept fertig und die nächsten Schritte sind jetzt erst einmal, die Rückmeldung aus dem Ordinariat abzuwarten, damit wir dann daran weiterarbeiten können.  Wenn dann Weißenfels und Naumburg mit ihren Immobilienkonzepten auch so weit sind, gilt es zu gucken: Wie kann man die Immobilienkonzepte aufeinanderlegen, sodass es für die Pastoralregion richtig ist? Denn wir reden nicht in die Immobilien von Naumburg rein und Weißenfels redet auch nicht in unsere Immobilien rein, sondern wir können nur darüber reden, wie wir den Immobilienbestand, den wir haben, für die Pastoralregion nutzen. 


Frage: 
Was würden Sie Menschen aus anderen Pfarreien empfehlen, die mit der Erstellung des Immobilienkonzeptes hadern oder die vielleicht auch merken, sie sind da an einer Kapazitätsgrenze? 

Dr. Jürgen Wolff: Das erste ist: Diesen Prozess mit den Gremien und in den Gremien ganz klar zu kommunizieren. Es muss in den Gremien Bescheid gewusst werden, was da auf einen zukommt. Das ist nichts Ehrenrühriges und ist nichts Geheimes und ist auch keine Strafe des Ordinariates. Es ist  eine Vorplanung für die finanziellen Mittel, die irgendwann nicht mehr in der Größenordnung fließen werden wie jetzt. Es ist ein Planungskonzept und das ist wichtig zu begreifen. Wenn man einmal diese Immobilien aufgenommen hat, hat man schon einen wunderbaren Überblick. Nur diese Aufgabe muss man erledigen. In und mit den Gremien! Bloß keine One-Man-Show.  Breit kommunizieren und Betroffene zu Beteiligten machen. Das ist ganz wichtig! Wenn man viele Immobilien auch an unterschiedlichen Standorten hat, dann möglichst auch Menschen aus den unterschiedlichen Standorten einbeziehen. Denn wer vor Ort in der Pfarrei oder in einer Gemeinde ist, weiß auch um den Immobilienbestand, um die Nutzung und kann einschätzen, ob eine Immobilie weiter von den Menschen vor Ort getragen werden kann oder ob das nicht mehr geht.  Dann ist wichtig, sich Hilfe aus dem Ordinariat zu holen. Zu fragen: Wann kann jemand kommen, der mit mir einmal alle Immobilien abfährt? Wenn jemand aus dem Ordinariat kommt, der in dem Prozess drin ist, kann man gemeinsam die entsprechenden Daten erheben. Dadurch spart man sich so manche Zwischenschritte, hat Hilfe und Unterstützung, und die Person aus Magdeburg kennt dann die Situation vor Ort und entscheidet nicht nur anhand der Aktenlage und Zahlen.

Ansonsten ist es wichtig, den Prozess in seinem Fortgang immer wieder auch vor Ort in den Gremiensitzungen zu thematisieren. Das muss keine ellenlange und Abend füllende Veranstaltung sein, aber es muss immer wieder gesagt werden: Es passiert dieses, als nächstes passiert jenes, das ist der Zwischenstand. Nur so bleibt der Prozess auch im Bewusstsein. 

Und dann muss man gucken, dass man das Immobilienkonzept vom Tisch kriegt. Wenn es dann erledigt ist, lohnt es sich zu überlegen: Was machen wir jetzt? Was passiert als Nächstes? Auch das ist nicht aus dem Blick zu verlieren. Und dann bewusst das Immobilienkonzept als Chance zu begreifen, heute schon mal darauf zu gucken: Was habe ich für einen Immobilienbestand? Wie kann ich den in der Zukunft nutzen? Brauche ich den dann noch oder nicht? Oder sich auch zu fragen: Wie kann ich ihn entsprechend alternativ benutzen? Also auch bewusst jetzt schon darüber nachzudenken: Was wird in den nächsten Jahren passieren.  Das sind ja alles Fragen, die haben wir uns schon 1000-mal gestellt in den letzten Jahren. Nur jetzt müssen wir sie uns deswegen stellen, weil dahinter ja Gelder liegen. Ich kann den Euro nur einmal ausgeben. Es ist notwendig. Bevor die Not am größten ist, mache ich lieber jetzt schon mal alles, damit ich in irgendeiner Form auch in Zukunft agieren und nicht nur reagieren kann.  Und damit komme ich zu dem vom Anfang wieder zurück:  Ich gestalte lieber, als dass ich gestaltet werde.  Es machen, sich Hilfe holen – aus der Pfarrei, aus dem Ordinariat – und es dann einfach machen.  Und immer in Pastoralregionen mitdenken. Es hilft mir nichts, wenn ich etwas hier habe und 5 km weiter habe ich das Gleiche noch mal. Dann muss ich mir auch in der Pastoralregion darüber Gedanken machen, was sinnvoll ist.

Hinweis: Es handelt sich um die Mitschrift eines Interviews.

Dies könnte Sie auch interessieren