So stand es gerade im SPIEGEL. Mindestens 400 Plätze fehlen in diesem Jahr und es gibt immer mehr Obdachlose. Dabei kommen im Januar und Februar erst noch die kältesten Tage.
Wir merken es auch in unserem Nachtcafé: Fast in jeder Nacht sind wir überbelegt. 15 Feldbetten haben wir, aber es übernachten oft 18, 19, 20 Menschen bei uns. Sie liegen dann zum Teil auf dem Flur auf Isomatten. Wenn es noch mehr Menschen sind, manchmal 23 (!), lassen wir sie ihr Lager auch im Hausflur vor der Wohnung aufschlagen.
Wir geben viel mehr Geld für Essen aus als sonst, was wir aber aufgrund der Spenden gut finanzieren können. DANKE! Es fällt schwer, die Menschen, an andere Einrichtungen zu verweisen, die ja in der Regel auch zu voll sind. Etliche Gäste wollen gerade zu uns, weil sie uns kennen, weil es hier übersichtlich und persönlich zugeht und außerdem das von den Freiwilligen gekochte Essen besser schmeckt als woanders.
Das Team macht einen tollen Job! Einen kleinen Eindruck gibt, was im „Logbuch“ eingetragen wird. Hier einige Auszüge:
Ein sehr ruhiger und schöner Abend. Das Essen kam sehr gut an (Sauerkraut, Fleisch, Kartoffeln) und es blieb nichts übrig. Alle haben gemeinsam die Betten aufgebaut, verhältnismäßig viel Rücksicht aufeinander genommen und sich nett miteinander unterhalten. (Es macht wahrscheinlich viel aus, wenn z.B. „unruhigere“ Gäste wie A. nicht da sind). Es gab eine kurze Auseinandersetzung zwischen zwei Männern, die zusammen kamen. Einer der beiden brauchte lange auf Toilette, woraufhin der andere mehrmals aggressiv gegen die Tür schlug und schimpfte. Sie gingen beide wieder zusammen nach dem Essen. Zwei Gäste schliefen im Flur, ein anderer (L.) auf dem Boden im kleinen Raum. Der Mann, für den wir ein Bett reservieren sollten, kam nicht.
Heute gab es Nudeln mit leckerem Auflauf / Suppe. Hat allen sehr gut geschmeckt und folglich wurde fast alles aufgegessen. Beim Essen verlief alles normal, so wie fast immer; nichts Besonderes. Nette Person hat uns 10 Dosen Gulasch gespendet. Nacht war ruhig.
Der Abend war trubelig. Der Tschetschene hat L. angepampt, es hat etwas gedauert bis er sich beruhigt hat, später ist er von alleine gegangen. F., H. und M. haben im Vorflur geschlafen, diskutierten lange und schrien sich an. Es gab Linsensuppe, welche gut bei den Gästen ankam. S. haben wir ca. um 19:20 Uhr ins Nachtcafe gelassen, um sich zu waschen und umzuziehen. Sie bat um Hilfe und ich habe ihr beim Waschen geholfen. Sie hat sich so gefreut über die Hilfe und die neue Kleidung. Heute haben wir die Bekleidungsausgabe durchgeführt, ca. 18 Tüten mit den Wünschen der Gäste, die meisten waren vor Ort. Die restlichen Taschen haben wir im Büro verstaut. Die Spenden ( Socken, lange Männerunterhosen etc. ) haben wir eingeräumt. Eine nette Dame kam vorbei und brachte uns genähte Kissenbezüge vorbei. Wir brauchen neue Verbände.
Insgesamt eine ruhige Nacht. 3 Personen haben im Flur des Eingangsbereiches geschlafen (aus Überzeugung und Bedürfnis nach mehr Ruhe). Trotz Überfüllung gab es im Vorflur zum Abend hin eine Auseinandersetzung zwischen H. und M.. S. wurde wieder früher reingelassen, sodass B. Ihre offenen Stellen reinigen konnte. Das Essen kam wie immer gut an bei den Gästen, wobei der Wunsch nach etwas Abwechslung zu Suppe/Eintopf geäußert wurde. Boxershorts sind nahezu weg, große Nachfrage gewesen
Mit guter Laune, an einem wilden Abend, haben wir alles in den Griff bekommen :-) Sehr viele Leute. Das mit dem Kältebus lief exakt so wie ich es aus 5 Jahren Nachtcafe kenne. In der Zeit, in der die Person auf den Kältebus wartet, wechseln die Personen alle paar Minuten ihre Meinung (meist sind die Gründe psychische / psychotische Erkrankungen) und am Ende muss man den Kältebus absagen oder die Helfer stehen schon vor der Tür zum Abholen und die Person will nicht mitfahren. Mit B. war es dann genauso, aber auch das haben wir dann mit viel Geduld in den Griff bekommen. N.s war erst, wie so oft, sehr verhalten und hatte sich dann in seine psychotischen Erzählungen reingesteigert, auch er kam wieder zur Ruhe. Auch Andrea war zwischenzeitlich etwas auf zack, auch das legte sich wieder. S. haben wir ein Fußbad gemacht, Sie wollte leider keine Seife. Ich gab ihr neue Schuhe und Socken. Das Angebot zur Hilfe beim Waschen lehnte Sie ab, weil es ihr nicht gut geht. Der Geruch ist aber wieder heftig, gern immer wieder anbieten. A.s Hand habe ich gewaschen, versorgt / verbunden. Leider ist das Betaisodona leer, A. und P. hätten es gebraucht und brauchen es in Zukunft erneut. Es gab Suppe, wahlweise mit Speck dazu. S. hat geschimpft, warum es immer Suppen gibt. Die Suppe ist bis auf eine halbe Portion leer geworden. Deos habe ich in Absprache mit W. besorgt. A. hat ihr Handy hier vergessen. So geht es zu im Nachtcafé… Allen, die praktisch helfen, und allen, die mit Spenden unterstützen: VIELEN DANK!
Wolfgang Prenzel, 7.1.24