„Warum ich?“ – Diese Frage durchzog die Predigt von Pfarrerin Susanne Nickel am Tag ihrer Amtseinführung im Frühjahr 2016 in der evangelischen Kirchengemeinde Lienen wie ein roter Faden. Es war eine Predigt, an die man sich aus den verschiedensten Gründen lange erinnerte. Der nachvollziehbare Gedankengang, das Herstellen von Bezügen zwischen verschiedenen Bibelaussagen, die Wortgewalt und die Intonation im Vortrag – all das trug dazu bei, dass diese Predigt die zahlreichen Besucher jenes Aprilgottesdienstes berührte.
Es sollten viele Predigten, Andachten und andere Anlässe folgen, die der Gemeinde zeigten, dass eine Pfarrerin nach Lienen gefunden hatte, die ihren Verkündungsauftrag sorgsam zu erfüllen trachtete und dabei auch ungewöhnliche Wege beschritt, um Momente der Spiritualität zu schaffen.
Das Tätigkeitsfeld von Pfarrerinnen und Pfarrern, die in Gemeindepfarrstellen tätig sind, ist seit Jahren gekennzeichnet von großen Veränderungen. Und die zu erwartenden Entwicklungen werden dazu führen, dass in Zukunft mit weiteren erheblichen Umbrüchen gerechnet werden muss: Der demographische Wandel wird die Gemeinden verkleinern. Die regionalen Einheiten, für die jeweils eine Pfarrerin oder ein Pfarrer zuständig sein wird, werden großflächiger. Zusammenarbeit und langfristige Abstimmung aller Akteure gewinnen an Bedeutung. Schon jetzt besteht großer Abstimmungsbedarf zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen in den Kirchengemeinden, dem nur durch vorausschauendes Arbeiten und sorgfältige Planung aller kirchlichen Angebote begegnet werden kann.
Das Spektrum der Tätigkeitsfelder von Pfarrerinnen und Pfarrern ist glücklicherweise vielfältig. Neben Gemeindepfarrstellen gibt es weitere Bereiche, in denen Seelsorge gefragt ist. Die Entscheidung von Pfarrerin Susanne Nickel, die Gemeindepfarrstelle in Lienen zum 1. Juni nach vier Jahren wieder aufzugeben, kann im Lichte der skizzierten Entwicklungen gesehen werden. Frau Nickel hat sich entschlossen, ihre Gaben und Interessen in einem anderen Betätigungsfeld einzubringen.
Kirchengemeinde und Kirchenkreis verabschieden sich von Susanne Nickel und wünschen ihr für ihre Zukunft alles Gute und Gottes Segen. Sie müssen sich zugleich auf die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger machen, die oder der die Kirchengemeinde theologisch begleiten und betreuen möchte. Die Suche hat begonnen. Bis dahin bleibt die Kirchengemeinde Lienen im pastoralen Dienst nicht unversorgt. Die Pfarrerinnen Verena Westermann und Miriam Seidel sind auch weiterhin die Ansprechpartnerinnen für alle Fragen von Verkündigung, Seelsorge und Unterricht.
Bedingt durch die Coronakrise und die Tatsache, dass die Kirchengemeinde Lienen ihre Präsenzgottesdienste im Mai noch nicht wieder aufnimmt, kann keine öffentliche Verabschiedung stattfinden. Superintendent André Ost bedauert das: „Die Dienstzeit von Susanne Nickel muss nun leider so sang- und klanglos zu Ende gehen. Das Presbyterium und ich hätten sie gerne mit Dank, Gebet und Segen verabschiedet, so wie sich das normalerweise gehört. Aber unsere guten Wünsche für ihre neue Aufgabe begleiten sie auch so.“
Zum 1. Juni wechselt Susanne Nickel in eine Stelle für Klinikseelsorge in der Nordkirche in Schleswig-Holstein.
Dr. Edgar Klinger, Vorsitzender des Presbyteriums
André Ost, Superintendent