Foto: Superintendentin Saskia Karpenstein (4.v.l.) besuchte am Samstagabend das Kirchliche Filmfestival. Gemeinsam mit Kreisdechant Karl Kemper (6.v.l.) gratulierte sie dem Veranstalterkreis für ein beeindruckendes Festival 2024. Mit dabei auch die Menschenrechtsaktivistin Anna Alboth (5.v.l.).
Recklinghausen - Wie ein Magnet zog in den vergangenen fünf Tagen das Festivalkino Cineworld in Recklinghausen wieder zahlreiche Filmbegeisterte sowie nationale und internationale Filmschaffende an. Mit viel Engagement und Leidenschaft hatte der ökumenische Veranstalterkreis „Kirche und Kino“ gemeinsam mit den beiden künstlerischen Leitern Michael M. Kleinschmidt und Horst Walther für die 14. Auflage des Kirchlichen Filmfestivals ein Programm auf die Beine gestellt, das das Publikum begeisterte. „Wir sind glücklich, dass unser Angebot trotz zahlreicher unbequemer Filme, die sich mit schwierigen Themen beschäftigen, wunderbar angenommen und wertgeschätzt wurde“, zieht Julia Borries vom Veranstalterkreis ein Fazit. Das spiegelt sich nicht nur in den Besucherzahlen, sondern auch in den intensiven Filmgesprächen mit den Regisseurinnen und Regisseuren und den Darstellenden wider.
Das Thema Menschenwürde zog sich mit Filmen gegen die Gleichgültigkeit wie ein roter Faden durch das Programm. „Wir sind ein Festival der Begegnung und des Dialogs. Das wissen unser Publikum und unsere Gäste zu schätzen“, freut sich Michael M. Kleinschmidt über die Resonanz. Insgesamt 14 Spiel- und Dokumentarfilme – teilweise deutlich vor Kinostart oder als Recklinghausen-Premieren – sowie drei Kurzfilme standen bei dem einzigartigen ökumenischen Festival auf dem Programm. Zudem wurden drei Preise vergeben.
Am Freitag verlieh die Jugendjury ihren Preis an den norwegischen Regisseur Leiv Igor Devold für seinen Spielfilm „Norwegian Dream“. In einer Videobotschaft bedankte sich Devold bei der Jury und ließ sie an seinen Ideen und Gedanken zum Film teilhaben. Er gab den Jugendlichen mit auf den Weg, für ihre Art zu leben einzustehen.
Am Samstagnachmittag verlieh die Kinderjury ihren Preis „Der grüne Zweig“ an den Spielfilm „Spuk unterm Riesenrad“. Hauptdarstellerin Lale Andrä und Hauptdarsteller Noél Gabriel Kipp waren gemeinsam mit ihrer Filmmutter, Schauspielerin Katja Preuß, nach Recklinghausen gekommen, um den Preis entgegenzunehmen. Munter erzählten sie den begeisterten Nachwuchscineasten von den Dreharbeiten und ihren Lieblingsszenen. Sie rappten gemeinsam mit den Kindern den Titelsong und nahmen sich Zeit, Autogrammwünsche zu erfüllen.
Der Samstagabend stand im Zeichen des „Ökumenischen Filmpreises des Kirchlichen Filmfestivals“. Er ging in diesem Jahr an den Film „Green Border“ der mehrfach Oscar nominierten polnischen Regisseurin Agnieszka Holland. „Der Film ist eine ehrliche und menschliche Darstellung der Realität europäischen Migrationsmanagements. Seine Qualität liegt neben der Ehrlichkeit und Empathie in der kunstvollen Verwebung mehrerer Geschichten und Perspektiven“, sagte Laudator Dr. Markus Leniger, Vorsitzender der katholischen Filmkommission für Deutschland. Holland schildere in ihrem Spielfilm die Lage an der „Grünen Grenze“ zwischen Polen und Belarus als scharf bewachte Zone der Zurückweisung und Gewalt. Diese Region sei weniger im Blick als die nicht minder opferreiche Schwelle des Mittelmeers. Das in schwarz-weiß gedrehte multiperspektivische Drama erzähle die Geschichte von Bashir und Amina, die mit ihrer syrischen Familie versuchen, über die grüne Grenze zu gelangen. „‚Green Border‘ ist vielleicht Agnieszka Hollands bester Film, auf jeden Fall einer, der uns ihr Lebensthema der Empathie mit den Opfern in Geschichte und Gegenwart am eindrücklichsten vor Augen stellt. Er verhandelt unsere Gegenwart, er fragt nicht weich-wattiert im ‚wäre/hätte-Modus‘, sondern in kantiger Klarheit: Was machst du. Jetzt. Heute?“, lobte Leniger und dankte der Regisseurin und der anwesenden Menschenrechtsaktivistin Anna Alboth für ihren Einsatz für Menschlichkeit.
Alboth, deren Engagement als Mitbegründerin der polnischen Menschenrechtsorganisation „Grupa Granica“ in dem Film eine große Rolle spielt, dankte dem Team für den Preis und dem Publikum für ihr Kommen. „Es ist gut, dass diese Wirklichkeit zu Ihnen kommt. Obwohl einige Szenen meine Realität darstellen, hat mich ‚Green Border‘ selbst tief berührt und nachts nicht schlafen lassen“, erläuterte sie. Die Situation an der Grenze habe sich heute im Vergleich zum Jahr 2021, in dem der Film spiele, verändert. „Es gibt einen mehr als fünf Meter hohen Zaun. Die Zahl der Flüchtenden ist gleich geblieben, aber das Interesse der Öffentlichkeit hat nachgelassen“, erzählt sie. Ihr ist es ein Anliegen, zu helfen. „Ich kann nicht nichts tun. Das würde mich verrückt machen. Ich weiß, dass mein Handeln Dinge verändern kann“. Alboth, die inzwischen in Berlin lebt, hat bis heute Kontakt zu Geflüchteten, die es geschafft haben. „Das ist für mich eine Bestätigung, dass unser Engagement Sinn macht“, betont sie. Mit lang anhaltendem Applaus bedankt sich das beeindruckte und gerührte Publikum für ihr Engagement und den Film.
Am Ende des Festivals sind die Mitglieder des Veranstalterkreises, der künstlerischen Leitung und Theaterleiter Kai-Uwe Theveßen glücklich, wieder mit einem besonderen Programm, die filmbegeisterten Menschen angesprochen zu haben. (kff/mek)