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Monatsspruch für Mai 2024

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Veröffentlicht am Mittwoch, 1. Mai 2024 00:00
© Photo by Aaron Burden on Unsplash
Monatsspruch für Mai 2024

Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich. 1.Korinther 6, 12

„Alles ist erlaubt.“ Das soll das Motto der antiken Handelsmetropole Korinth gewesen sein. Zur hellenischen Zeit waren Korinths Tempel der Aphrodite und die dort exzessiv betriebene Tempelprostitution weit über die Stadtgrenzen berühmt. Angeblich wurde umgangssprachlich der Gang zu einer Prostituierten auch als „Korinthisieren“ bezeichnet.  Dieses hellenistische Korinth wurde 146 v.Chr. von den Römern erobert und zerstört. 100 Jahre später ließ Caesar an gleicher Stelle eine neue Stadt errichten und auch diese entwickelte sich schnell zu einer wichtigen Metropole, einem Schmelztiegel der Kulturen und damit zu einem Ort großer Freiheiten in vielerlei Hinsicht.

Freiheit, das ist auch das große Thema des Paulus. Als junger Mann schloss er sich den Pharisäern an, einer sehr wortgetreuen Bewegung des damaligen Judentums, heute würden wir sie wohl ultra-orthodox nennen. Durch exaktes und dogmatisches Befolgen aller Gebote und Verbote der Thora, suchte Paulus hier Nähe zu und Rechtfertigung vor Gott - und scheiterte damit. Nach seinem „Damaskus-Erlebnis“ und seiner Hinwendung zum jungen Christentum bekannte der Apostel, dass wir allein durch Gottes Gnade von diesem angenommen und geliebt werden und nicht, weil wir alle seine Regeln befolgen. Für Paulus ist dies durch den Tod und Auferstehung Jesu offenbar geworden. So schreibt er an die Gemeinde in Galatien, die er wahrscheinlich im Jahr 49 besuchte „Zur Freiheit hat uns Christus befreit!“.

Ein Jahr später ist er für viele Monate zur Mission in Korinth. Und die Ausprägungen der Freiheit, die er hier erlebte, veranlassten ihn offenbar im Anschluss an die junge Gemeinde von Korinth die Mahnung zu formulieren, die in diesem Jahr Monatsspruch für den Mai ist. Zweimal beginnt er seinen Satz mit dem Motto der Stadt und stellt aber klar, dass Freiheit von Geboten und Verboten nicht automatisch zu guten Konsequenzen führt, weder für die Mitmenschen („nicht alles dient zum Guten“) noch für den Befreiten selbst („nichts soll Macht haben über mich“). Drei Beispiele aus der Gegenwart zur Verdeutlichung:

Die Freiheit, Waffen zu besitzen, ist für einen Teil der US-amerikanischen Gesellschaft unverhandelbar. Sie berufen sich unter anderem darauf, dass dieses Bürgerrecht einst den Monarchen abgerungen werden musste und Ausdruck der Souveränität des Volkes ist (daher war ein solches Recht übrigens 1848 auch im Verfassungsentwurf der Paulskirche vorgesehen). Heute betrachten wir Europäer gemeinsam mit dem anderen Teil der US-Gesellschaft mit Befremden, mit wie vielen Opfern von Amokläufen die Befürworter bereit sind, diese uneingeschränkte Freiheit weiterhin zu bezahlen.

Die sexuelle Revolution der 1960er und 70er Jahren hat uns zum Glück von einer jahrhundertealten tabuisierenden und unterdrückenden Sexualmoral befreit und hat zu einer breiten gesellschaftlichen Toleranz für sexuelle Bedürfnisse und Orientierungen geführt. Aber auf diesem Weg gab es auch schreckliche Verirrungen beispielsweise hinsichtlich pädophiler Praktiken und auch die zunehmende Sexualisierung des öffentlichen Raums und die ständige Verfügbarkeit pornografischer Inhalte im Internet, bereiten nicht nur Eltern heranwaschender Jugendlicher Sorgen.

Zurzeit diskutiert die deutsche Öffentlichkeit über die Freiheit, Cannabis zu besitzen, anzubauen und zu konsumieren. Mit welchem Recht verbietet der Staat seinen Bürgern den Konsum eines bestimmten Rauschmittels, während andere im Supermarkt verkauft werden, fragen die einen. Wie können wir den Zugang zu einer solchen Substanz legalisieren und damit erleichtern, wo doch so viele, gerade junge Menschen, langfristige Schäden durch den Konsum davontragen, entgegnen die anderen. Freiheiten bergen also auch heute noch Gefahren. Die Freiheit, die aus dem Glauben an Gott und aus der Erkenntnis seiner Gnade erwächst, hat Martin Luther „Freiheiteines Christenmenschen“ genannt. Weil Gott uns annimmt, wie wir sind, sind wir befreit, von guten Taten für unser eigenes Seelenheil. Diese Freiheit lässt uns nach Luther gute Werke tun, ohne dass wir von Eigennutz getrieben werden, sondern von aufrichtiger Liebe. Es ist eine Freiheit, aus der ausschließlich Gutes erwächst.

Timo Wolff

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