Der Verrat und die Reue

# k.eck 58

Der Verrat und die Reue

Judas ist ein Jünger von Jesus.
Seit Tagen schon steigt sein Verdruss.
Schlaflos grübelt er Nacht für Nacht,
die Gedanken kommen mit Macht:
„Viele leben in bitterster Not,
mühen sich um das tägliche Brot.

Die Römer im Land, ich hasse sie!
Hoffe auf Befreiung wie noch nie.
Jesus ist da, ist für mich, Judas,
der verheißene Messias.
Er wird unser Volk erlösen
von den Römern, von allem Bösen.

Hier wird er den Aufstand beginnen,
so dachte ich, und wir gewinnen!
Doch die Zeit vergeht, und nichts tut sich!
Der Messias – ist er es wirklich?
Oft redet Jesus wie ein Rebell;
dann wechselt er die Tonart schnell.

So kann es nicht weitergehen,
es muss bald etwas geschehen!
Die Zweifel quälen; Gewissheit
will ich nun endlich, es ist Zeit!
Jesus muss sich endlich entscheiden:
Rebellion oder weiter leiden.“

In einer Nacht, wieder voller Qual,
da weiß Judas den Weg auf einmal:
„Schluss mit Zögern, jetzt kommen Taten!
Jesus, ich muss dich verraten!
Priester und Römer verhaften dich.
Schnell herum in der Stadt spricht es sich.

Der Aufstand bricht los. Partisanen
befreien dich mit wehenden Fahnen.
Dann, Jesus, liegt es an dir allein.
Werde Anführer, die Macht ist dein!“
Judas plant genau, wie er es tut,
wieder und wieder. Sein Plan ist gut.

                            ***

Los zu den Priestern geht Judas.
Das fällt ihm schwer, groß ist sein Hass.
Gründlich hat er es einstudiert,
wie er seinen Plan präsentiert.
Gegenüber steht er ihnen
und hofft, er kann ihnen dienen.

„Ich weiß, ihr wollt Jesus aufspüren;
ich kann euch einmal zu ihm führen,
in sein Versteck außerhalb der Stadt,
das er in einem Olivenhain hat.
Verhaften könnt ihr leicht ihn dort,
ohne Zeugen, am stillen Ort.“

Die Priester schweigen, trauen ihm nicht.
„Mit ihm gebrochen habe ich schlicht.
Er lästert Gott, immer noch schlimmer.“
Die Priester schweigen noch immer.
„Ich brauche Geld; das ist mein Ziel.“
Diese Sprache sprechen sie: „Wieviel?“

„Dreißig Silberstücke will ich.“
Er weiß, das ist wenig, lächerlich.
Einer holt das Geld aus dem Schrein.
Judas zählt es; auch das muss sein.
„Passt auf. Die Jünger tragen Waffen.
Ihr müsst genug Leute beschaffen.

Dort gebe ich ihm den Begrüßungskuss;
dann wissen alle, dass er es sein muss.“
Die Sache ist abgemacht. Er geht.
Er fühlt sich schmutzig. Doch der Plan steht.
Und er sagt sich: „So musste es sein.
Nun liegt alles bei Jesus allein.“

                         ***

Jesus verraten hatte Judas;
dies kam den Priestern sehr zupass.
Jesus soll sterben, hört Judas nun.
Da packt ihn die Reue über sein Tun:

„Jesus, du hast mich ganz tief berührt;
so etwas habe ich noch nie gespürt.
Du bist Herr, Freund, Bruder für mich.
Dich ausgeliefert habe ich!

Was habe ich Narr nur getan,
einzugreifen in Gottes Plan!
Dich wollen sie kreuzigen nun;
schnell muss ich etwas für dich tun.“

Zu den führenden Priestern geht er,
mit dem Geld, das er bekam vorher:
„Es stimmt nicht, dass Jesus Böses tat;
den Unschuldigen traf mein Verrat.

Großes Unrecht habe ich getan!“
Sie antworten: „Was geht uns das an?
Das ist deine Angelegenheit!
Uns kam dein Verrat zur rechten Zeit.“

Verzweifelt, weinend steht Judas dort,
wirft das Geld in den Tempel, läuft fort:
„Wegen mir wirst du nun umgebracht!
In mir ist es dunkel, tiefste Nacht.

Ich habe es ausgelöscht, das Licht!
Jesus, weiterleben kann ich nicht;
dir im Tod vorausgehen will ich.“
An einem Baum erhängt er sich.

Matthäus 26,14-16 / Matthäus 27,3-5

Martin Stährmann
(Buch „Jesus – Begegnen und Segnen“)

Dies könnte Sie auch interessieren