Andacht an Jubilate

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Andacht an Jubilate

Was gibt`s zu essen?

Manchmal steht man so vorm Kühlschrank und denkt sich: Was gibt`s denn heut zu essen? – Wenn gerade nichts in Planung war, dann wird es meistens ein Kühlschrank-Allerlei. Ohne Rezept. Einfach nach Geschmack. Nach Appetit. Das, was da ist, wird im wahrsten Sinn des Wortes „verbraten“.

Manchmal geht mir das auch so, wenn ich vor meinem Laptop sitze und überlege, welche Gedanken ich für die Zeitung bzw. für Sie, die Leserinnen und Leser zu Papier bringe. Also: Gedankentür auf. Schauen, was drin ist – was mich gerade bewegt. Und dann, genau wie beim Kochen, das nehmen, wovon ich erzählen will – worauf ich sozusagen gerade Appetit habe. Vielleicht treffe ich ja auch Ihren Geschmack. Heute zum Beispiel möchte ich Ihnen von der Konferenz erzählen, die ich in den vergangenen Tagen besucht habe. Ich war zusammen mit den Gemeindereferenten und Gemeindereferentinnen unseres Bistums ins Kloster Huysburg bei Halberstadt eingeladen, um dort eine Weiterbildung zu besuchen. Es ging um „gewaltfreie Kommunikation“. Ein sehr spannendes Thema. Gerade in unserer heutigen Zeit, in der Worte ganz schnell den anderen ausschließen oder ihn dumm machen und abwerten. Die Zeit, in der Worte von Intoleranz, Angst, Hass und Feindschaft erzählen; in der solchen Worten auch immer wieder Taten folgen. – Wie gesagt, ein sehr spannendes Thema. Was ich bei solchen Konferenzen auch immer wieder merke ist, dass das Thema zur Nebensache wird. Viel wichtiger sind die Begegnungen am Rande. Da wird gefragt, wie es dem anderen gerade geht. Welche Sorgen oder welche Freude bei den Kolleginnen anliegen. Da wird um Rat gebeten, wenn ich selbst mal in einer Sackgasse stecke und nicht weiterweiß. Und da wird ermutigt, wenn ich merke, dass da jemand ist, der gerade Zuspruch braucht. Zuspruch dürfen wir auch immer wieder erfahren, wenn wir uns zum Gebet in der über tausendzweihundertjährigen Klosterkirche zusammenfinden. Kurz gesagt: zu bestimmten Zeiten am Tag kommen wir mit DEM ins Gespräch, der uns verbindet. Auch da geschieht Kommunikation. Und auch wenn manche Texte aus der Bibel, die wir dann hören, ganz schön heftig daherkommen, ist die Botschaft, die  dahintersteckt eine gute Nachricht – hat man heute nicht mehr so oft. Hier geht es um Liebe – um Gottes Liebe zu uns Menschen. Nicht zu einigen wenigen. Nicht zu ein paar Auserwählten. Nein! zu ALLEN Menschen. Egal, ob sie getauft sind oder nicht. Ob sie dick oder dünn, blond oder dunkelhaarig, groß oder klein, aus Europa oder einem anderen Erdteil sind. ER macht da keine Unterschiede. SEINE Liebe gilt wirklich allen. ER schafft es, bei all unserer Begrenztheit, jeden Tag aufs Neue mit einem liebenden Herzen auf uns zu schauen.

Verrückt… oder? Manchmal wünschte ich mir, dass wir von diesem Beispiel lernen könnten. Doch dazu müssten wir unseren Blick ändern. Wir dürften nicht mehr nur auf die anderen schauen und über sie herziehen. Wir müssten anfangen, bei uns etwas zu ändern. Das geht! – Wenn wir im Gespräch bleiben. Mit Gott, aber vor allem auch mit den Menschen. Und zu einem guten Gespräch gehört eben, dass ich dem anderen zuhöre und versuche, ihn zu verstehen.

Ich weiß, das braucht oft ganz schön viel Überwindung. Aber es lohnt sich. Denn dann können wir auch im Kühlschrank unseres Alltags die ein oder andere Zutat entdecken, die Appetit macht auf ein buntes und lebendiges Allerlei des Lebens. Ich wünsche uns, dass wir uns trauen, auch mal ohne Rezept – ohne Vorurteile – einfach nur mit einem liebenden Herzen auf unsere Mitmenschen zuzugehen.

Ihr Martin Pickel, katholischer Gemeindereferent in Aschersleben, Bernburg, Schönebeck und Staßfurt

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