
Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, und nicht auch ein Gott der ferne ist?
Jer. 23/23
Viele werden die Geschichte von Kaiser Friedrich II kennen, der den Versuch gemacht haben soll, Kinder einfach nur versorgen zu lassen, aber ohne Worte, ohne Zärtlichkeit und Berührungen. Er wollte nämlich herausfinden, ob es eine Ur-Sprache gibt, die ein Kind ohne Anleitung von sich aus beherrscht . Aber dieses Experiment ging ganz anders aus - kein Kind hat überlebt.
Ob der Kaiser das wirklich veranlasst hat, oder es ihm nur zugeschrieben wird, ist nicht der Punkt heute. Wichtig ist, dass heute allen klar ist, dass Kinder ohne Nähe, ohne Zärtlichkeit und Zuwendung nicht überleben. Wir brauchen Nähe. Wir sind darauf angelegt, anderen nahe zu kommen, uns zu berühren, miteinander zu sprechen, unsere Gedanken auszutauschen, voneinander zu lernen.
Wir sehen es ja schon bei Kindern - wie oft beobachten wir, dass ein weinendes Kind auf dem Arm der Mutter aufhört zu weinen, sich in ihren Arm schmiegt, den Kopf auf ihre Schulter legt - dann ist alles gut. Nähe vermittelt Geborgenheit, vermittelt Sicherheit und beendet das Allein-Sein. Denn das ist ja die Grundangst des Menschen: allein zu sein mit all den Gefahren, allem alleine ausgesetzt zu sein und nicht zu wissen, wie das zu überstehen ist. Wer Nähe und Geborgenheit in der frühen Kindheit erlebt hat, hat einen guten Start ins Leben.
Und auch später in reiferen Jahren. Wie schön ist es, in den Arm genommen zu werden, eine Hand zu spüren, wenn man verzweifelt ist; wenn jemand da ist, mit dem ich weinen kann, der mir zuhört - auch ohne Worte, aber Liebe schenkt, Zeit gibt - die Gewissheit, dass ich nicht allein bin in meiner Not. Aber eben nicht nur in Zeiten der Not, sondern einfach so - bei jeder Begrüßung - Nähe zulassen, sich die Hände reichen, in die Augen sehen. Nähe macht das Leben reich und schön.
Hier spricht Gott genau davon. Er stellt nicht in Frage, dass Er ein Gott der Nähe ist. Gott ist uns ganz nahe - Er will ganz nahe sein. Wir lesen das schon ganz am Anfang in der Bibel, dass Gott mit Adam und Eva im Garten spazieren ging. Was für ein wunderbares Bild - Gott kommt uns so nahe, geht mit uns spazieren und will einen Gedankenaustausch.
Später dann ließ Er sich ein Zelt unter Seinem Volk bauen, damit Er mitten unter dem Volk wohnen kann. Gott, der Vater Jesu Christi, Jahweh - Er ist kein ferner Gott, der sich nicht darum kümmert, wie es mir geht; dem es egal ist, ob ich leide oder nicht, der nur hoch und erhaben ist, aber keine Nähe zulässt. Im Gegenteil - Gott vergleicht sich mit einer Mutter, die ihr Kind auf den Arm nimmt, dem sich das Herz umdreht, wenn Er mich leiden sieht, der mitfühlt und voller Liebe mich ansieht. Er will mit mir persönlich Gemeinschaft haben - will mir ganz nahe sein - will in mir wohnen, in meinen Gedanken und Gefühlen dabei sein. Er will alles miterleben mit mir. So nahe will Er mir sein, wie kein Mensch es kann. So ist Gott.
Und das sagt Er auch hier zu Jeremia. Ich bin ein Gott, der nahe kommt - der nahe ist. Das ist keine Frage.
Aber: Er ist auch ein Gott der ferne ist. Geht es uns nicht auch so? Wir können nicht den ganzen Tag kuscheln; Kinder bleiben nicht lange am Arm der Mutter, sondern wollen die Welt entdecken. Wenn die Sicherheit wieder da ist - „Mama ist ganz nah“ - dann kann man wieder hinaus in die gefährliche Welt und von Neuem alles herausfinden, was es zu entdecken gibt. Gott fesselt uns nicht, Er lässt uns frei - aber Er ist da, wenn wir Ihn suchen.
Und so gibt uns Gott die Sicherheit: Er ist nicht nur nahe - Er ist auch da, wenn wir in die Ferne ziehen. Wenn wir entdecken wollen, was es alles gibt; wenn wir unseren Alltag leben, wenn wir unterwegs sind. Gott ist da! Er ist in meiner Nähe - und Er geht mit in die Ferne. Denn die Bibelstelle geht weiter: „gibt es denn Schlupfwinkel auf der Erde, in denen sich jemand verbergen könnte, sodass ich ihn nicht mehr sehe? Bin ich denn nicht überall? Fülle ich nicht den Himmel und die Erde aus?“
Was für eine wunderbare, großartige Zusage. Derselbe Gott, der mich liebt, mir nahe ist, sich um mich kümmert, mich hält und trägt - das ist auch der Gott, der überall ist, der immer mitgeht, der immer dabei ist - egal, wo ich hingehe. Ich bin nie allein, bin immer geborgen in Seinen Händen.
Gibt es irgendeine andere Religion, die so etwas zusagt? Ich kenne keine. Unser Gott, Jahweh ist Sein Name, der Vater Jesu, der auch mein Vater ist, ist der Einzige, der mir so eine Geborgenheit schenkt, so nahe ist, dass ich mich nie einsam und allein fühlen muss. ER ist immer da!
Hannelore Zachhuber