Im Dezember 1996 sah ich das Türschild meines zukünftigen Büros und dachte: „Das wolltest du doch nicht werden!“ Da stand „Geschäftsführer Lohenner“. Das stand auch am Büro meines Vaters, das zuvor das seines Vaters war. Mein Großvater hatte eine Maschinenbaufirma gegründet, mein Vater hatte sie weiter geführt, und ich hatte das Maschinenbaustudium abgebrochen, um Pfarrer zu werden. Jetzt hatte ich mich von der Diakonie in die Pflicht nehmen lassen und durfte erfahren: Leiten können und dann auch wollen – das gehört mehr zu mir, als ich dachte. Im Juni 2006 stand ich in meinem leergeräumten Amtszimmer meiner Gemeinde im Ruhrgebiet. Meine Frau hatte im April ihr Amt als Dompredigerin in Berlin angetreten, und ich hatte noch „meine“ Konfis zur Konfirmation geführt. Nach acht Jahren Zeit zum Aufbruch. Auch aus dem mir so wichtigen Amt. Aber sicher nur vorübergehend.
Im März 2017 hat mir die EKBO das Bewerbungsrecht für offene Pfarrstellen zuerkannt. Ich blicke zurück auf elf Jahre bereichernde Erfahrungen: Als freiberuflicher Berater. Im Pfarrdienst in einer fusionierten Gemeinde. In der Forschung zur Seelsorge traumatisierter Menschen. Als Coach und Mediator mitten in den Strukturprozessen im Kirchenkreis Stadtmitte. Ich fühle mich begleitet und geleitet.
Und nun Kirchenkreis Neukölln? Infohäppchen: „Tolle Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“ sagt die eine. „Interessantes Trägerkonzept für die Kitas“ eine andere. „Prima Öffentlichkeitsarbeit“ ein dritter. Und sonst? Ich mache mich auf den Weg. Mit den Hunden im Unterholz am Zeesener See. Im Gottesdienst in Martin-Luther – in Zeuthen und Neukölln. Die Trommeln von Ingo Arndt, der Kirchraum bei Karin Singha-Gnauck.
Weitere Mosaiksteine, die ein buntes Ganzes erahnen lassen: Stadtkiez und Speckgürtel, unterschiedlichste Gemeindebilder und Frömmigkeiten. Das ist doch der Schatz unserer Kirche. Paulus´ „weder … noch“ als Aufruf zum Miteinander des Unterschiedlichen. So habe ich in KKR-Klausuren und im synodalen Reformausschuss mein Bild von Kirche entwickelt: Einerseits entlastete kirchliche Orte: Kirchen, Kitas, Diakonie. Andererseits Aufgaben in der Fläche. Und eine gemeinsame strukturelle Basis für vielfältige eigenständige Verkündigung.
Meine Liebe zu dieser oft etwas verrückten Kirche, meine Lust auf manchmal anstrengendes Miteinander, meine Freude an zielorientiertem und auftragsgemäßem Leiten: Geistliche Leitung im Kirchenkreis Neukölln – das wär´s!
Ich bin Theologe und Seelsorger, weil ich meinen Beitrag leisten will, dass möglichst viele Menschen die lebendig-machende Kraft des Evangeliums erfahren können.
Das Buch, in dem ich - außer in der Bibel - zuletzt las, war Joachim Meyerhoff, „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“.
Am Kirchenkreis Neukölln beeindruckt mich besonders, dass Solidargemeinschaft durch gemeinsames Handeln und nicht nur durch das Verschieben von Geld gestaltet wird.
(Foto: privat)