Propheten ist eine Art Sammelbezeichnung für sehr unterschiedliche Menschen in unterschiedlichen Zeitaltern. Sie alle verbindet ihre Aufgabe: nämlich Gottesbotschaften zu überbringen.
Woher bekommen Propheten ihre Botschaften? Mit jeder Lebensgeschichte eines Propheten ist eine Bekehrungs- oder Berufungsgeschichte verbunden. Aus diesen Geschichten geht hervor, dass Gott selbst sie durch Berufung legitimiert. Überliefert sind die Geschichten vor allem solcher Propheten, die bereits zu Lebzeiten bedeutend und anerkannt waren und die in einer Zeit lebten, als das schriftliche Festhalten solcher Geschichten bereits weit entwickelt war.
Was ist Inhalt der Botschaft von Propheten? Meist geht es um politische Zusammenhänge. Im Alten Orient beispielsweise war die Grundlage oft die gottgewollte Legitimation einer Herrscherdynastie. Entsprechend waren die Propheten meist im Umfeld eines Herrschers angesiedelt - oder sogar am Hofe. Ihre Aufgabe war es, dem Herrscher und seinem Volk Wohl und Wehe anzusagen. Dies hatte immer mit dem Verhältnis zu Gott zu tun: Im Fall einer Unheilsansage ging es um Fehler und Irrtümer in der Ausübung des Kultes, um Entfernung vom Glauben an Gott und um dessen Gericht wegen menschlicher Verfehlungen des Herrschers.
Prophetische Gestalten, „Gottesmänner“ gab es überall im Alten Orient. Aus dem hebräischen Teil der Bibel sind wir besonders gut informiert über die Situation in Israel und Juda.
Im von Griechenland kulturell geprägten Raum der Antike sind statt der genannten Prophetengestalten Orakel überliefert (Delphi in Griechenland, Didyma in Kleinasien). Auch sie gaben Wegweisung und Entscheidungshilfen und nahmen Einfluss auf das Leben der Menschen, die das Orakel in Anspruch nahmen.
Auch das Christentum und spätere Kulturen kennen das Amt des Propheten: Johannes der Täufer galt zu urchristlicher Zeit als der wichtigste Prophet; im Markusevangelium (MK. 6,4) können wir lesen, dass sich Jesus als Prophet bezeichnet und jedenfalls von Zeitgenossen als solcher verstanden wird. Auch in den paulinischen Gemeinden gab es offenbar das Prophetenamt – davon berichtet der erste Brief Paulus an die Korinther (1.Kor, 12,28).
Im Islam wird der Prophet Muhammad als Bestätiger, Fortsetzer und Vollender der Gottesoffenbarungen verstanden.
In der Kirche wird von dem „prophetischen Amt“ gesprochen. Es leitet sich aus dem Verständnis Christi ab und reflektiert das Zeitgeschehen und das soziale Leben vor dem Hintergrund der evangelischen Botschaft von Freiheit und Gerechtigkeit. Das prophetische Amt der Kirche prüft das politische und individuelle Leben im Licht der Botschaft Christi und regt zum gesellschaftlichen Diskurs über Werte an wie z.B. Freiheit und Menschenwürde, Menschenrecht und soziale Gerechtigkeit.
Pfarrer i. R. Ulrich Helm
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