Der wohl bekannteste Flaneur Berlins, Franz Hessel, gab in seinem Werk „Spazieren in Berlin“ dem geneigten Leser für eben jene Tätigkeit folgenden Hinweis: „Mit dem Herumlaufen allein ist es nicht getan. Ich muss eine Art Heimatkunde treiben, mich um die Vergangenheit und Zukunft dieser Stadt kümmern, dieser Stadt, die immer unterwegs ist, immer im Begriff, anders zu werden. Deshalb ist sie wohl auch so schwer zu entdecken, besonders für einen, der hier zu Hause ist.“
Diese Erfahrung kann Antje Zimmermann, die Geschäftsführerin von „Cross Roads – Berlin mit anderen Augen“, bestätigen. Seit Herbst letzten Jahres entwickelt die studierte Museologin Stadtführungen und Kiezspaziergänge für Touristen, Berliner und Neu-Berliner. „Seitdem entdecke ich diese Stadt auch für mich völlig neu“, gibt Zimmermann zu und schmunzelt. „Dabei wohne ich schon seit über zwanzig Jahren in Berlin.“
Initiiert und realisiert wurde „Cross Roads“ im Zuge des Ausbaus der Abteilung „Kommunikation und Marketing“ des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte. „Die Idee ist es, besonders Reisegruppen, die einen kirchlichen Hintergrund haben, niveauvolle Stadtführungen anzubieten. Im Mittelpunkt dieser Führungen soll die kirchliche Landschaft Berlins stehen“, erklärt Antje Zimmermann. Der Kirchenkreis unterstützt das Projekt mit einer Anschubfinanzierung in den ersten fünf Jahren.
Bereits jetzt, nach gerade mal drei Monaten, bietet „Cross Roads“ acht verschiedene Führungen rund um bekannte und weniger bekannte Berliner Kirchen und Friedhöfe, zu kirchlichen Widerständlern und, – passend zum Friedrich-Jahr 2012 –, im Zentrum der Stadt zum unvollendeten Forum Fridericianum an. In den kommenden Monaten wird das Angebot noch um interreligiöse Spaziergänge, eine Architekturführung und um eine zu den Hohenzollern erweitert. Auch spirituelle und meditative Spaziergänge gehören demnächst zum Repertoire von „Cross Roads“.
Alle Führungen konzipierten Antje Zimmermann und ihre Mitarbeiter selbst und sind auf eine Dauer von zwei bis drei Stunden ausgerichtet. In Berlin ist der Markt der Stadtführungen stark umworben, aber „Cross Roads“ kann seine Gäste mit einigen Besonderheiten locken. Zimmermann: „Zunächst einmal bieten wir weit mehr als die üblichen Standardführungen, bei denen die Touristen nur die Reiseführer-Highlights abhaken. Wir zeigen den interessierten Reisegruppen sonst verschlossene oder verborgene Schätze, bieten detailliertes Hintergrundwissen und bei einigen Führungen sogar etwas für das leibliche Wohl.“
Von Reiseanbietern bekommt Antje Zimmermann gute Resonanz. Vor allem von der Idee, dass Reisegruppen mit kirchlichem Hintergrund angesprochen werden sollen, sind viele begeistert. „Interessanterweise sind es jedoch in diesen
ersten Monaten des Jahres noch nicht die Reisegruppen gewesen, die die Führungen buchen und Interesse an den Schätzen Berlins haben, sondern vorrangig die Berliner selbst. Das hat uns überrascht“, so Zimmermann.
Franz Hessel würde sich darüber vermutlich nicht besonders wundern.
Für die Führungen wird um Anmeldung gebeten unter E-Mail:
crossroads@kkbs.de oder Telefon: (030) 25 81 85 112.
Text und Foto: F. Reininghaus
© Die Kirche, Wichernverlag Berlin