Familieninterview: "Das sind wir!" - Sarah, Teil 1

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Familieninterview: "Das sind wir!" - Sarah, Teil 1

Gerade sehen wir relativ wenige Menschen, um die Pandemie einzudämmen. Damit wir trotzdem etwas voneinander erfahren können, haben wir uns überlegt, Interviews mit Familien  zu machen, die bei uns Kurse besucht haben. Wir möchten ihnen die Gelegenheit geben, sich als Familie in einem Interview vorzustellen.  Die Ergebnisse möchten wir hier auf unserem Blog auf www.Familienbildung-ts.de veröffentlichen und so anderen Familien Gelegenheit geben, Eure Geschichten zu lesen und darüber selber ins Nachdenken zu kommen, wie ist es denn bei uns. Auf dem Blog gibt es auch eine Kommentarfunktion, so dass es auch zu einem Austausch kommen kann.
  

Unser erstes Familieninterview hat DELFI-Kursleiterin Valeria Lippert Velarde mit Sarah geführt. Vielen Dank an Valeria und vor allem an Sarah, die sich als erste bereit erklärt hat, etwas über ihre Familie zu erzählen. 

Hier kannst Du den ersten Teil lesen, Teil 2 kommt bald.


Sarah:

Wir sind drei Personen, ich, mein Mann Jan und Mattis, unser Sohn.

Mattis ist im November vier geworden und wir wohnen zusammen in einem Reihenhaus in Treptow und sind da eigentlich ganz happy.

Wir haben kein Haustier.

Wir sprechen deutsch in unserer Familie.

 

I: Geht Mattis in die Kita?

 

S: Mattis geht aktuell noch in Tempelhof in die Kita, weil wir da vorher gewohnt haben und hier noch keinen Kitaplatz bekommen hatten. Ab August wird er aber zum Glück in eine Kita hier in der Nähe wechseln. Dadurch sparen wir uns viel Hin- und Herfahren, er wird Kinder kennenlernen, mit denen er in die Schule gehen wird und viele Nachbarskinder gehen in die Kita. Da wird er auch nachmittags auf dem Spielplatz bekannte Gesichter treffen. Wir waren sehr erleichtert, als wir erfahren haben, dass er zum Sommer wechseln kann.

 

I: Wie lange wohnt ihr jetzt in Treptow?

 

S: Wir wohnen jetzt fast zwei Jahre in Treptow, im Sommer 2019 sind wir hier her gezogen.

 

I: Und habt ihr euch schon gut eingelebt?

 

S: Ja, doch. Der Lebensmittelpunkt ist zwar nach wie vor in Tempelhof – abgesehen von Corona, im Moment ist der ja eher zuhause. Aber da Mattis da bisher noch in die Kita geht, sind wir jeden Tag zweimal in Tempelhof. Daher sind unsere Ärzte, die Bücherei, und auch viele Freunde immer noch in Tempelhof. Aber wir wohnen hier einer Reihenhaussiedlung, in einer ganz jungen Nachbarschaft. Hier sind ganz viele junge Familien. Da kommt man sehr oft ins Gespräch. Mattis hat zwei Häuser weiter einen sehr guten Kumpel gefunden und sehr enge Freunde von uns sind drei Häuser weiter eingezogen. Man leiht sich gegenseitig Sachen, wir treffen uns mal zum Grillen oder zum Lagerfeuer im Garten und machen Stockbrot. Wenn jemand einkaufen fährt, gibts ne Whatsapp-Nachricht: „Hey, braucht jemand was?“.

 

I: Das ist ja ein Traum, so, wie man es sich eigentlich wünscht

 

S: Ja, stimmt, die Kinder können hier frei rumlaufen, wir haben hier eine Spielstraße, sogar Wege, wo gar keine Autos hinkommen. Zum Laufrad fahren ist das toll. Die Kinder können zum Spielplatz gehen, ohne eine einzige Straße überqueren zu müssen. Oder man geht einfach mal rüber und klingelt. Das ist ein bisschen so wie auf dem Dorf halt

 

I: Was gefällt Mattis in der Kita?

 

S: Mattis ist etwas introvertiert. Er hat da seinen einen besten Kumpel, den mag er sehr gerne. Und dann spielt er gerne draußen. Seine Kita hat einen sehr schönen großen Garten, wo die Kinder sich frei bewegen können, wo sie auch klettern können oder Käfer und Spinnen entdecken können. Da gibt es Holzklötze oder andere Naturmaterialien und da rödelt er einfach gerne für sich. Das ist sein Ding. Er mag überhaupt nicht basteln oder so, aber draußen rumackern, das findet er toll.

 

I: Also handwerken, anpacken, bauarbeiten, so Bob, der Baumeister-mäßig

 

S: Ja, manchmal, wenn ich ihn abholen will, bekomme ich auch zu hören: „Nein ,Mama, ich bin mit meiner Arbeit noch nicht fertig! Ich habe noch zu viel zu tun!“

 

I: Das ist ja megawitzig. Von wem er das wohl hat?

 

S: Ich weiß nicht. [lacht]

 

I. Seid ihr in eure größere Familie irgendwie eingebunden? Wie ist die Beziehung zu den Großeltern, Tanten, Onkeln?

 

S: In die engere Familie sind wir natürlich schon eingebunden, also Geschwister und Eltern von mir und meinem Mann. Wir kommen aber nicht ursprünglich aus Berlin. Beide Familien sind je rund 500 km entfernt. Da besucht man sich natürlich gerne, wenn nicht gerade Corona ist. Aber das ist ganz klar zu weit, um die Großeltern jede Woche zu sehen, oder sie zum Babysitten einzuspannen. Da muss man sich schon anders organisieren, wenn man die Familie nicht in der Nähe hat.

 

I: Das heißt, ihr habt das eigentlich ganz gut gelöst, mit dieser Nachbarschaft...macht ihr auch manchmal – wenn nicht gerade Corona ist – auch Kinderbetreuung gegenseitig und solche Sachen, dass man sich da mal unter die Arme greift?

 

S: Ja, wir haben uns das Dorf gesucht, das man sprichwörtlich für die Kindererziehung braucht. [lacht] Nein im ernst. Vor Corona waren die Kinder noch etwas klein dafür. Aber mittlerweile kennt man sich gut und es ist ganz sicher geplant, dass man sich gegenseitig beim Babysitten aushilft. Das ist schon ein Pluspunkt, dass man in Reichweite des Babyphones wohnt.

 

I: Was arbeitet ihr, was gefällt euch an eurer Arbeit, dir an deiner Arbeit?

 

S: Jan ist Softwareentwickler mit Leib und Seele. Das gefällt ihm.

Ich bin Public Relations Manager. Ich arbeite im Marketing bei einem großen Finanztech-Startup in Berlin und mache da die Öffentlichkeitsarbeit.

 

I: Was gefällt dir daran besonders?

S: Was ich daran mag, ist tatsächlich, dass der Job sehr, sehr abwechslungsreich ist. Es ist kein Tag wie der andere. Ich bin jeden Tag neu gefordert und muss Lösungen überlegen und habe auch nicht immer dieselben Aufgaben. Ich habe z. B. einen Tag, wo ich super viel telefoniere, weil ich mit Journalisten spreche und dann habe ich wiederum zwei Tage, wo ich mich in irgendwelche Excel-Tabellen vertiefe und auch mal mit niemandem rede. Das kann ich manchmal auch sehr gut haben.

 

I: Nächste Frage: Wie hat sich eure Beziehung verändert, seitdem ihr Kinder habt?

 

S: Die Beziehung ist größer geworden, wir sind eben jetzt zu dritt. Mattis ist bei allem dabei und bestimmt auch mit. Wir sind jetzt halt Familie und das ist schön.

 

I: Ja, das ist ja manchmal gar nicht so einfach, dieser Übergang von Paar zu Familie

 

S: Schwierig sind halt die Umstände - wenig Schlaf, viel Trotzphase, viele Aufgaben, wenig Zeit für sich. Das sind Faktoren, die Stress verursachen und auf die Nerven gehen und auch schwierig sind. Auf der anderen Seite hat man da aber diesen kleinen Naseweis, der jeden Tag toller wird. Das gleicht sich aus.

 

I: Was findet ihr besonders schön in eurer Familie?

S: Ich glaube, dass wir alles gemeinsam machen, dass wir ein Dreier-Team sind. Wir sind nicht autoritär, dass wir sagen, du musst dieses oder du musst jenes. Wir nehmen seine Wünsche ernst, und dadurch lernt er auch, die Entscheidungen anderer zu akzeptieren. Wenn wir einen Baum im Garten pflanzen, dann darf er auch mitbestimmen, welches Obst das ist.

Okay, er wollte einen Frikadellen-Baum. Am Ende wurde es ein Apfelbaum. Aber man kann ja auch nicht alles durchgehen lassen.

 

I: Frikadellen-Baum

 

S: Ja, er hat zu viel Pettersson und Findus gelesen und wollte ein Fleischklößchen in die Erde setzen. [Lacht] Haben wir auch gemacht und daneben haben wir dann den Apfelbaum gepflanzt.

 

I: Sehr gut. Was macht ihr gerne zusammen?

 

S: Wir pröddeln gerne im Garten, Sachen anpflanzen, im Sandkasten spielen, Steine neu ordnen, im Winter jetzt Eiszapfen sammeln. Und ich finde es auch sehr schön, wenn wir mal die Zeit haben, um uns richtig ins Spiel zu vertiefen, die große Lego-Eisenbahn aufzubauen, ohne auf die Zeit zu achten. Und jetzt im Lockdown, wo er zuhause ist, kochen wir auch sehr gerne zusammen. Er sitzt dann auf der Arbeitsplatte in der Ecke, misst das Mehl ab oder sortiert die Kartoffeln. Er hat sogar sein eigenes Kindermesser und schneidet manchmal die Möhren.

 

I: Was sind eure Kraftquellen?

 

S: Schwierig ... Meine ist, glaube ich, im Garten zu arbeiten. Jans, glaube ich, ist einfach mal Ruhe zu haben … Mit Kind ist das halt nicht so einfach. Ich glaube, das kennt auch jedes Elternteil. Manchmal braucht man auch mal ein bisschen Zeit ohne Kind, um wieder aufzutanken.

 

I: Auf alle Fälle. Und das ist manchmal gar nicht so einfach zu organisieren… und ich finde es auch wichtig, dann kein schlechtes Gewissen zu haben. Das ist auch wichtig, um wieder Kraft zu schöpfen.

 

Habt ihr das manchmal, Zeit für euch ohne Kind, kommt das manchmal vor?

 

S: Vor Corona hatten wir auch mal nen Babysitter. Aber das geht das ja aktuell nicht. Also hat immer einer das Kind. Zu zweit ohne Kind sind wir eigentlich nur, wenn das Kind abends schläft. Dann ist man aber auch selbst meist so fertig, dass man auf dem Sofa einschläft.

 

I: Ja, es wird Zeit, dass Corona vorbeigeht, damit dann auch wieder Babysitter in die Familie kommen können! Wobei das natürlich auch jeder für sich entscheiden muss, wie man damit umgeht, ob man nicht doch auch jetzt schon jemanden zur Entlastung mit einbezieht

 

Was würdest du sagen, ist das Markenzeichen eurer Familie oder was macht eure Familie ganz besonders?

 

S: Das Chaos (lacht)

I: Chaos? (lacht auch)

S: Ja, wir sind immer laut, wir sind immer zu spät, wir sind immer spontan …

 

I: Ja, mit Kind und Arbeit und allem, das ist ja halt auch so. Empfindest du das denn als negativ?

 

S: Nein, ich weiß, dass andere Familien andere Maßstäbe oder andere Ansprüche haben. Aber ich finde es nicht schlimm, wenn das Kind mal ne halbe Stunde Fernsehen guckt oder wenn er bei 15 Grad und Sonnenschein mit seinen dicken Fausthandschuhen zum Einkaufen mitkommt, weil es technisch gesehen Mitte Februar noch Winter ist und daher kalt sein muss. Er lernt schnell aus falschen Entscheidungen, wenn er schwitzt. Ich glaube, man muss auch realistisch sein und sollte sich das Leben nicht schwerer machen als nötig.

 

I: Also mal fünfe gerade sein lassen, alles n bisschen lockerer sehen…

 

S: Ja

 

I: Wenn du an die DELFI-Zeit, die DELFI-Kurse zurückdenkst, hast du davon was mitgenommen, wo du sagst, das spielt heute noch ne positive Rolle?

 

S: Also was ich positiv an dem DELFI fand, sind zwei Sachen:

Zum einen haben wir beim DELFI Freunde kennengelernt, die wir tatsächlich heute noch treffen. Die Kinder sind befreundet, wir treffen uns gelegentlich, gehen gemeinsam zum Kinderturnen und feiern gemeinsam Geburtstage. Zum anderen habe ich da auch mitgenommen, dass man das ganze Elternsein nicht alleine schaffen muss. Alle mit denen wir uns da getroffen haben, standen mehr oder weniger vor denselben Problemen und den gleichen Fragen. Wie fangen wir mit der Beikost an? Wie schaffen wir das mit dem Durchschlafen? Wie finde ich die richtige Kita? Das waren sehr große Themen für jeden Einzelnen, aber man stand damit nicht allein. Das war auch schon so ne Art Selbsthilfegruppe. [lacht] Es ist ne Phase. Was ich vorallem beim DELFI mitgenommen habe: Es ist alles nur ne Phase.

 

I: Singt ihr das Buslied heute noch manchmal?

 

S: [lacht] Nein, aber in der Elternzeit sind wir mit einem Camper für mehrere Wochen durch Schottland gereist. Wenn sich die Fahrt verzögerte und Mattis unruhig wurde, haben wir das Buslied gesungen - rauf und runter, bis wir angekommen sind. Einmal zwei Stunden lang. Wir haben selber mindestens 10 Strophen dazu gedichtet – Zum Spritzwasser, zum Motor, zu den Bremsen, zum Radio. Ich muss gestehen, ich bin froh, dass die Phase vorbei ist. [lacht]

Fortsetzung folgt.


Wenn Du auch Lust hast, interviewt zu werden, melde Dich gerne bei uns. Wir freuen uns auf Dich.

 

 

 

 

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