Bericht von Superintendent Michael Raddatz zur Frühjahrssynode

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Bericht von Superintendent Michael Raddatz zur Frühjahrssynode

Verehrte Synode, liebe Schwestern und Brüder,

„Ihr seid doch der digitale Kirchenkreis“, das sagte eine Konferenzteilnehmerin zu unserem Mitarbeiter. Und dieser erzählte beglückt davon in unserer Runde. Seine anfängliche Skepsis habe er überwunden. Selbst die Nackenstarre eines übervollen Zoomtages könne er mittlerweile ausgleichen.

Denn es gibt 5 Vorteile, die wir in den letzten Monaten fein ausgebaut haben:

  • Früher waren wir in unseren Treffen auf eine räumlich begrenzte Blase festgelegt. Heute können sich beispielsweise Ehrenamtliche aus Stadt und Land mühelos vernetzen. Und zu unserer Überraschung gibt es viele gemeinsame Probleme auszutauschen, die wir dann auch gemeinsam anpacken können.
  • Digitale Treffen in einem größeren Radius führt auch dazu, dass Menschen zu einem digitalen Kamingespräch (Hintergrundgespräch) zusammenkommen, die zuvor niemals ihren Terminkalender synchronisiert bekommen hätten.
  • Digitale Kompetenz hat unser Baustadtrat kürzlich bei uns abgefragt. Auch er hatte schon gehört, dass wir darin geübt sind. So schrieb er mir eine SMS: „Notruf! Wir haben eine Bürgerversammlung zum umstrittenen Ausbau des Gasometers. Könnten Sie moderieren?“ Das hat mich berührt. Derselbe Stadtrat, der noch vor vier Jahren gesagt hat: „An die Kirche denken wir nie. Wir vergessen Sie immer.“ Dieser traut uns unseren eigenen kostbaren Satz zu: Suchet der Stadt Bestes! Den Stadtfrieden! Ja, liebe Synode: Sie haben diese Entwicklung systematisch unterstützt mit dem Wirken in die Sozialräume hinein und die Finanzierung der Pfarrstelle zur Stadtentwicklung.
  • Eine sehr beachtete Frucht der Kirche im digitalen Raum sind unsere Zoomgottesdienste am Sonntag zur Tatortzeit. Über 100 Menschen nehmen an diesen teil. Kürzlich war die hochkarätige Visitationsgruppe der Landeskirche zu Gast. Sie visitiert geistliche Formate, die in der Coronazeit entwickelt wurden. Unsere Techniker sagte, dass sie sehen konnten, dass die Brillen, in denen sich ja bei Pflichtterminen immer die E-Mails spiegeln, die parallel bearbeitet werden, nach einer Weile ruhig und durchsichtig wurden. Der Pflichttermin wurde zur Kür. Die Pröpstin resümiert: „Ich hätte nie gedacht, dass Zoomgottesdienste eine solche Nähe entstehen lassen, darum ringen wir doch sonst so sehr!“ Mich persönlich bewegt seitdem, dass die Verkündigung etwas hinzugewonnen hat. Denn das Story-telling-Format dieser Gottesdienste ermöglicht es uns auch, unsere Narben zu zeigen und von Herzen zu sprechen. Es entsteht eine Gemeinschaft, die trägt und nicht abgelenkt ist von der steinernen Lasten der Tradition und den verführerischen Kunstwerken in unseren Kirchen.
  • Allerdings mussten wir in der zurückliegenden Zeit unsere verführerischen Kirchenräume nicht verstecken. Wer hätte gedacht, dass die Offenen Kirchen so viel Zuspruch erfahren. Die Hüterinnen und Hüter an der Tür sind zu einer Gruppe Ehrenamtlicher geworden, die gewachsen ist. Auf diese Form des Gemeindeaufbaus können wir echt stolz sein.

Resumé: 5 Vorteile, die wir nach dem Prinzip Versuch und Irrtum entwickelt haben: Grenzen überwindend, überraschende Neubegegnung schaffend, Stadtfrieden stiftend und geistlich nahe seind in den Räumen, die wir öffnen. Danke für Ihre Unterstützung in all diesen Ausdrucksformen unseres Glaubens.

Digitalität und Demokratie ist ein Feld, das wir in vielfältigen Formen üben. Die Kirche hat schon immer dieses Feld beackert und wichtige Impulse gesetzt. Das Prinzip der ehrenamtlichen Leitung ist für uns zentral; es hat sich in der Bundesrepublik und auch der ehemaligen DDR durchgesetzt und wichtige Persönlichkeiten hervorgebracht, die sich ohne Mühe nach dem schroffen Systemwechsel behaupten konnten und politische Verantwortung übernahmen.

Auch die kommenden Veränderungen werden wir miteinander meistern. Ich habe mich sehr gefreut, dass der neue Präses unserer Landessynode, Harald Geywitz, als einer seiner ersten „Taten“ die Transparenz der synodalen Unterlagen eingeführt hat, für alle, die im Landeskirchlichen Intranet angemeldet sind. Also auch Sie! Einer seiner ersten Sätze an die Presse war: „Die Kirche darf auch ein bisschen schneller sein!“ Flott und entschieden ist er - und dabei ist er ein echt entspannter Typ.

Es wäre eine Freude, wenn auch wir uns als solche hurtigen Christen bewähren würden, die mit der entsprechenden Lockerheit Versuche wagen, Irrtümer erkennen und sich wieder an Neues wagten.

Unser Alltag der letzten Monate ist vor allem durch mobiles Arbeiten geprägt. Die Erfahrungen dieser Zeit haben wir zusammen mit der Mitarbeitervertretung in eine Vereinbarung zum mobilen Arbeiten gebracht, damit wir auch in Zukunft die Vorteile dieser Arbeitsform genießen können. Die Nachteile kennen wir als Evangelische Kirche nur zu gut. 500 Jahre Erfahrung mit dem Homeoffice im Evangelischen Pfarrhaus stellen wir gerne allen „Allzu-Euphorischen“ in diesem Zusammenhang zur Verfügung: Wir wissen, welche Belastungen jahrelanges Homeoffice für Kinder und Eltern bedeutet. Wir kennen die Problematik des Datenschutzes in den eigenen vier Wänden. Das müssen unsere Kinder früh lernen und wir wissen, wie heilsam es sein kann zwischen dem Büro und der Wohnung einen Abstand zu haben und seien es nur ein paar Meter.

Gegenwärtig erarbeiten wir bezüglich der aktuellen Corona-Pandemie in der Suptur in einer Art Selbstversuch eine Teststrategie. Alle Kreiskirchlichen Mitarbeitenden, die Sie heute auf dem Bildschirm auf dem Campus sehen, wurden zuvor getestet. Wir hoffen auch, dass Trauernde rasch in kleinen getesteten Gruppen wieder zusammenkommen können. Unsere Überraschung war groß, als ausgerechnet das Gesundheitsamt in unserer Beratungsstelle für Trauernde anfragte, ob wir nicht etwas für Trauernde anbieten könnten, weil die große Zahl an Todesfällen sie belasten würden.

Verlassen wir das pandemische und digitale Feld:

Es ist uns wichtig, dass Sie als Synodale neue Entwicklungen mit in ihre Beratungen nehmen. Es ist uns gelungen, durch gezielte Personalentwicklung junge Pfarrpersonen für den Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg zu gewinnen. Sie haben sie heute im Gottesdienst gesehen: Andrea Kuhla, Theresa Brückner, Marcel Borchers. Es sind allerdings noch mehr junge Begabungen am Start: Betram Schirr in Alt-Tempelhof und Michael. Simon Danner in Philippus Nathanael und Mariendorf, beide als Pfarrer im Entsendungsdienst. Juni Hoppe, Rebecca Luther und Moritz Kuhlenkampf als Vikarinnen und Vikare. Alle Pfarrpersonen in den ersten Amtsjahren werden von der Arbeitsstelle Theologie der Stadt begleitet, die den theologischen Austausch stärkt und so in unsere Gemeinden hinein wirkt. In unseren Gesprächen heben Sie hervor, dass das Moment der Begleitung und Reflexion ausschlaggebend ist, in unseren Kirchenkreis zu kommen.

Eine zweite Entwicklung ist der Kreiskirchenrat. Die Kreiskirchenräte haben sich rasch zusammengefunden und für die Vielzahl der Aufgaben und Spezialisierungen Beauftragungen ausgesprochen. Wichtig ist dem Kreiskirchenrat, dass alle Beschlüsse im Angesicht der nächsten Generation getroffen werden. So haben wir als regelmäßigen Gast einen Jugendlichen aus dem Kreisjugendkonvent. Auch die bei der Zusammensetzung der Synode hat der Kreiskirchenrat drei Plätze für KJK-Mitglieder eingesetzt. Um die Kirche von Morgen heute zu entwickeln, sind die Felder Kinder und Jugend Thema dieser Synode. Und die Jugendlichen haben das zweite Thema selbst im Gottesdienst zur Sprache gebracht: Unsere Gebäude sollen nicht steinerne Zeugen der Vergangenheit sein, sondern als lebendige Steine sichtbar in die Stadt wirken.

Zu allerletzt: Der Kreiskirchenrat ist ein Teil der Synode, ein Teil des großen Wir. So bin ich dankbar für die ehrenamtliche Leitung, den Präses, meine Stellvertretenden, die Kreiskirchenräte, alle Mitarbeitenden und Sie als Synodale, die die Zukunft der 70.000 evangelischen Christen in Tempelhof-Schöneberg gestalten werden und ihnen dienen.

Von Herzen Dank!

Möge Gott unsere Sitzung und unsere Vereinbarungen und Beschlüsse segnen!

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