Rheinische Post vom 13. Juli 2020
VON MONIKA KLEIN LEICHLINGEN In diesem Jahr ist manches anders oder wird kurzfristig geändert. Immerhin haben die Besucherzahlen der Leichlinger Or-gelsommer-Konzerte bei strikten Hygiene-Regeln schon fast wieder Normalmaß angenommen sieht man mal von den gesperrten Emporen der Evangelischen Kirche ab. Aber für zwei der kommenden Abende wurde aus gegebenem Anlass die Besetzung ausgetauscht. Auch beim Programm gibt es hin und wieder kurzfristige Änderungen. Jannik Schroeder wich am Freitag von seinem ursprünglichen Plan ab, Bachs Polyphonie der Symphonik von Louis Vierne gegenüberzustellen. Aber jede mögliche Enttäuschung über die Streichung französischer Orgelromantik wischte der jüngste Organist dieses Festivals (Jahrgang 1996) bereits mit den ersten Takten der 3. Orgelsonate A-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy beiseite. Klarer, großer Sound und eine souverän überzeugte wie überzeugende Spielweise - fürstlicher kann das Stück mit der Satzbezeichnung „Conmoto maestoso" kaum daherkommen. Und mit der von Schroeder wunderbar klar und durchhörbar gestalteten Fuge in der Mitte des homophonen Satzes war bereits der programmatische Bogen geschlagen zum zweiten Konzertteil mit einem der bedeutenden Werke des Leipziger Thomaskantors. Zeigt sie doch, wie fest und achtungsvoll sich Mendelssohn dem großen Vorbild verbunden fühlte und auf seine Weise in die neue Zeit transferierte. Der Interpret, der vor fünf Monaten zum Kantor der Auferstehungskirche in Düsseldorf Oberkassel berufen wurde, machte diese bekannte Sonate mit seinem technisch versierten Spiel und tiefem musikalischen Gespür zum echten Hörerlebnis. Sehr dicht und gesanglich schloss er - ganz weich registriert - das ruhigere „Andante traquillo" an und ließ die Zuhörer dabei völlig vergessen, dass die trockene, direkte Akustik der kleinen Barockkirche dabei keine Hilfestellung bietet. So schön meditativ und lückenlos geführte Melodik ist da eben eine Frage der Spieltechnik. Klang der Konzertbeginn vielleicht nach weltlicher Größe und Macht, so wurde es im zweitenTeil überirdisch mit dem Es-Dur-Präludiurn 552 aus Johann Sebastian Bachs „Dritten Teil der Ciavierübung", deren Aufbau man als Ausdruck der Dreifaltigkeit verstehen mag. Jannik Schroeder nährte jedenfalls die – musikalhistorisch letztlich nicht bewiesene - Lesart der drei thematischen Abschnitte mit dem gravitätisch schreitenden Gottvater in punktierter Rhythrnik, den herabsteigenden Bewegungen von Jesus Christus und dem frei wirbelnden Heiligen Geist. Sehr fein und klar registriert folgten drei Choralvorspiele in klarer Textausdeutung und in unermüdlichem, sei regelmäßigem Fluss. Und schließlich die zugehörige fünfstimmige Es-Dur-Fuge, die Schroeder, so breit, fest und ruhig begann, als lege er ein sicheres Fundament, das eine gewaltige Kathedrale tragen kann. Die baute er in konsequenter Metrik bei immer kürzeren Notenwerten darauf zu einem geschlossenen, einheitlichen Werk- geradezu göttlich.