Pfarrer Joachim Klingebiel - 32 Jahre lang Seelsorger in Werder (Havel)

# Neuigkeiten - Maria Meeresstern

Pfarrer Joachim Klingebiel - 32 Jahre lang Seelsorger in Werder (Havel)

Als Joachim Klingebiel 1944 - mit gerade erst 16 Jahren - als Luftwaffenhelfer zur Wehrmacht eingezogen wurde, erlebte er das Grauen des Krieges. Er geriet in Gefangenschaft. Mit dem Wunsch, zur Versöhnung unter den Menschen beizutragen, wählte er nach der Rückkehr mit Bedacht seinen Berufsweg. Er studierte Theologie in Fulda und wurde 1953 zum Priester geweiht.

Bewusst entschied er sich für einen Einsatz im Osten Deutschlands, und so führte ihn sein Wirken als Seelsorger 1966 in die Gemeinde Maria Meeresstern nach Werder (Havel). Hier trat er die Nachfolge von Pfarrer Hugo Makosch (1893 -1969) an und schlug feste Wurzeln im märkischen Sand.

Bei seinem Amtsantritt fand Pfarrer Klingebiel ein marodes Pfarrhaus und eine sanierungsbedürftige Kirche vor. Die Beschaffung von Baumaterial stellte in der DDR-Zeit eine echte Herausforderung dar, Baumaßnahmen erforderten ein hohes Maß an Organisationstalent. Pfarrer Klingebiel konnte seine Gemeinde mobilisieren, und so fanden sich Wochenende für Wochenende Handwerker und Gemeindemitglieder zur gemeinsamen Arbeit auf dem Kirchgrundstück ein. Dokumentiert sind über 20.000 Stunden gemeinnütziger Arbeit! Nach sechs Jahren waren Kirche und Pfarrhaus fertiggestellt.

In seiner Wirkungszeit bis 1989 - die Trennung von Staat und Kirche war Staatsdoktrin - leitete er seine Gemeinde als kantiger und gradliniger Priester, der entschieden zu seiner Überzeugung stand. Auch in den Jahren der Wende mit ihren vielfältigen Umbrüchen im Osten Deutschlands stärkte Pfarrer Klingebiel den Gemeindemitgliedern mit Rat, Tat und Gottvertrauen den Rücken. Noch als Ruheständler hielt er täglich Gottesdienst.  

1998 durfte sich Pfarrer Joachim Klingebiel in das Goldene Buch der Stadt Werder (Havel) eintragen. Die Laudatio hielt der langjährige Bürgermeister Werner Große: „Er gehört zu den Männern, deren unauffälliges, aber nachhaltiges Wirken für immer fester Bestandteil in der Entwicklung des Zusammenlebens Werderaner Bürger sein wird“.

Im persönlichen Lebensstil einfach und bescheiden, unterstützte er großzügig Menschen in seelischer und geistiger Not. So wünschte er sich z. B. zum 80. Geburtstages eine Kollekte zu Gunsten junger Mütter, die von ihren Partnern und Familien keine Unterstützung erhielten.

Geboren wurde Pfarrer Klingebiel 1928 in Stettin, damals noch eine deutsche Hafenstadt. Zeit seines Lebens blieb er seiner Heimat verbunden, als hilfreicher Brückenbauer im steten Kontakt zu polnischen Mitbürgern jenseits von Oder und Neiße. Es war ihm eine Herzensangelegenheit, die Erinnerung an die durch die Nationalsozialisten ermordeten Priester des Erzbistums Berlin wach zu halten. All dies wurde 2013 mit seiner Ernennung zum Ehrendomherrn in Stettin gewürdigt.

Mit 89 Jahren vollendete Pfarrer Klingebiel seinen Lebensweg. Am 18. Februar 2018 fand in der Kirche Maria Meeresstern das Requiem statt, seine sterblichen Überreste wurden mit großem Geleit über die Inselstadt zum Alten Friedhof überführt und dort beigesetzt. Schon zu Lebzeiten hatte er seinen letzten Ruheplatz an der Grabstelle seines Vorgängers Hugo Makosch gewählt. R. I. P. lesen wir als letzte Zeile auf seinem Grabstein: Ruhe in Frieden (lat. Requiescat In Pace).

Karin Watzke (Förderkreis Kulturgut Friedhöfe beim Heimatverein Werder (H.) e.V.)

 

 

Dies könnte Sie auch interessieren