Andacht zum 9. Sonntag nach Trinitatis

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Andacht zum 9. Sonntag nach Trinitatis

Ordnung im Chaos

„Wer hat denn hier gemischt?!“ – Vorwurfsvoll zieht meine Tochter beim Kartenspielen die Stirn kraus. Dann legt sie aus: Bube, Dame, König, Ass. Dazu die Siebener – gleich aus allen vier Farben. Hier noch ein Joker und dann angelegt. Hand-Rommee, fertig. Das ging selbst ihr zu schnell. Der Reiz beim Rommee liegt doch gerade darin, aus den zufällig verteilten Karten eine regelmäßige Reihenfolge herzustellen. Schnell ein- und durchmischen. Diesmal aber richtig!

Mir fällt auf: Ein Durcheinander ist leichter hergestellt als Ordnung. Fragen Sie mal meinen Schreibtisch am Ende der Woche. Oder Ihr Teenager-Kind beim Betreten seines Zimmers… Wer in der Schule gut aufgepasst hat oder googeln möchte: „Entropie“ lautet der Fachbegriff dafür. Die Teilchen streben danach, sich gleichmäßig im Raum zu verteilen. Ein Löffel Sirup löst sich im Wasserglas auf. Ein Pups im Zimmer…naja.

Eigentlich wäre unser Universum durchwabert von einem formlosen Nebel aus Atomen. Was hat diese aber dazu bewegt, sich zu Sonnensystemen mit Planeten zusammenzufinden? Wer hat angeordnet, dass auf diesen Planeten organischen Verbindungen entstehen? Und dass diese komplexen Verbindungen zu Wesen werden, die wir lebendig nennen? Und wer hat diese lebendigen Wesen so bewusst gestaltet, dass sie sich über Dinge Gedanken machen, wie das Universum und ihren Platz darin? Und dann darüber einen Zeitungstext schreiben?

Ordnung, so sagen die Entropie-Experten, entsteht aus dem Chaos dann, wenn jemand Energie zuführt. Wenn ich einen Stapel Karten sortiere. Buchstaben zu Wörtern, Sätzen, bedeutungsvollen Geschichten zusammensetze. Oder mich aufraffe und meinen Schreibtisch aufräume. Das hat etwas sehr befriedigendes, wenn ich mich einmal aufgerafft habe und das Ergebnis meiner Arbeit sehe.

Der Herr meines Schreibtisches bin ich. Der Herr des Universums ist für mich Gott: „Wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet“, staunte ein Dichter schon in den Psalmen der Bibel. Zu dieser Ordnung gehören für mich das Periodensystem der Elemente, aber auch die politische Gewaltenteilung oder das ökologische Gleichgewicht.

Die Welt, unsere Welt, wie sie ist, hätte nicht sein müssen. Sie ist ziemlich unwahrscheinlich. So unwahrscheinlich, wie ein sortiertes Rommee-Blatt nach dem Mischen. Seien wir froh und dankbar, dass wir ein Teil davon sind. „Lobe den HERRN, meine Seele, Halleluja!“, schließe ich mich dem Gebet des Dichters an.  

Lars Bremer, Aschersleben

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