
"wunderbar geschaffen"
Von Bernhard Laß
Letmathe. Meeresrauschen, der Klang der Wellen und Blumen im Haar, so kam man am Freitag in der Friedenskirche in Iserlohn-Letmathe der Südsee ganz nah. Und das, obwohl zwischen Letmathe und den Cookinseln, um die es beim Weltgebetstag hauptsächlich ging, rund 16.500 km liegen. Inmitten des Polynesischen Dreiecks liegt die Inselgruppe aus 15 Inseln auf über 2 Millionen Quadratkilometer im Pazifischen Ozean verstreut, von denen 12 bewohnt sind.
Die Kirchengemeinde Letmathe hatte als Gastgeberin zusammen mit der Christus-Kirchengemeinde, der Emmaus-Kirchengemeinde Oestrich-Dröschede und den drei kath. Kirchengemeinden des Pastoralverbunds Letmathe alle Frauen und Männer eingeladen, gemeinsam mit Christinnen und Christen rund um den gesamten Erdball diesen Gottesdienst für den Frieden in der Welt zu feiern.
Ein Kreis von ca. 20 Frauen aus den 6 Gemeinden hatte diesen Gottesdienst nach der Liturgie der Frauen von den Cookinseln und das anschließende Beisammensein im Bonhoeffer-Haus, vorbereitet.

Mit exotischen Früchten, Blütenketten, Palmblättern und bunten Stoffen waren die Stufen zum Altarraum geschmückt. Das Plakat zum Weltgebetstag zierte als Antependium die Kanzel und per Beamer als Willkommensgruß die große Leinwand, die im Gottesdienst immer wieder zur Liedertafel wurde. Ein bildhaftes Zeugnis der Südsee mit Meer, Weite, maorischen Traditionen und Frauen als ihre Botschafterinnen.

Ein wenig Südseefeeling konnte wer wollte schon beim Eintreten in die Kirche bekommen und sich eine Kunstblume ins Harr stecken lassen, während der Klang der Wellen das Kirchenschiff erfüllte.
Kia Orana – Wunsch und Zuspruch

Presbyterin Jutta Scholz aus der ev. Kirchengemeinde Letmathe begrüßte die zahlreichen Besucherinnen und Besucher mit einem „Kia Orana“, den zwei Wörtern der Begrüßung der Inselbewohnerinnen und Inselbewohner, die doch so viel mehr sind als nur ein Gruß, wie Frau Scholz erklärte, denn sie bergen einen tiefen Wunsch und Zuspruch: „Mögest Du lange leben. Mögest Du gut leben. Mögest Du leuchten wie die Sonne. Mögest Du mit den Wellen tanzen!“

Ein Wunsch, den sich alle Besucherinnen und Besucher im Wechselruf gegenseitig zusprachen, zusangen und im Laufe des Gottesdienstes auch tanzten.
Oro mai! Ete ao nei! – Kommt und seht! Hört und versteht!
Wie eine Überschrift über dem Gottesdienst stand dieses Lied.

Ein Lied, das durch den mehrstimmigen Vortrag des kleinen Projektchores mit Ulrike Schmidt, Gabi Belgardt, Heike Persson und am Klavier der Kantorin Stefanie Krämer-Laame, eine besondere Atmosphäre im Gottesdienst schuf und auch das Thema des diesjährigen Weltgebetstags umschrieb: „Wunderbar geschaffen!“ Und das trifft auf die gesamte Schöpfung zu, auch auf uns Menschen. Das zu hören und zu verstehen, darum geht es, denn: „Jede und jeder Einzelne von uns ist einzigartig und von Gott zutiefst geliebt.“, heißt es in der vorgetragenen Liturgie. Wer das annimmt und versteht, kann auch alle anderen als Geschenk erkennen und mit einem Lächeln würdigen. Wie das gehen kann, wurde dann auch gleich im Gottesdienst zu den Nachbarinnen und Nachbarn nach links und rechts, vorne und hinten in den Bänken ausprobiert.
Gott kennt und sieht uns
„Du bist da, du bist da, bist am Anfang der Zeit, am Grund aller Fragen bist du!“ Nicht nur als Liedvers, sondern mitten im Leben erfahren haben das drei Frauen der Cookinseln. Sie haben ihre Erlebnisse beschrieben und teilen sie im Gottesdienst mit allen Menschen auf dieser Erde. Ihre Geschichten wurden begleitet von Abschnitten aus dem Ps. 139 von 5 Frauen aus dem Weltgebetstags-Team erzählt.
Da ist die 15jährige Mii, die, als Corona auf der Insel ausbrach und um sie herum Menschen starben, große Angst bekam selbst sterben zu müssen. Im Gebet fand sie Halt und Geborgenheit und durfte ihre Rettung erleben.
Gott ist mit uns
1958 wurde Vainui auf der Insel Aitutaki geboren. In ihrer Familie und ihrem Umfeld wurden selbstverständlich ihre Muttersprache Maori und auch die Tradition und Kultur ihres Volkes gelebt. Doch dann wurden Sprache und Kultur von der Regierung verdrängt und verboten. Englisch wurde zur alleinigen Pflichtsprache. Wer sich dem widersetzte wurde bestraft und öffentlich gedemütigt. So erging es auch Vainui als Kind in der Schule. Im Geheimen hielten die Familien aber an ihrer Sprache und Tradition fest, im Bewusstsein, dass Gott ihnen und uns die Sprachen und Dialekte als einen großen kulturellen Schatz gegeben hat. „Auch wenn wir ausgeschlossen und respektlos behandelt werden, ist Gott immer noch bei uns und hilft uns aus der Finsternis in ein wunderbares Licht zu kommen!“ Eine tiefe und schöne Erfahrung in aller Bitterkeit, die Vainui mit allen Menschen am Weltgebetstag teilen wollte.
Gott schuf uns wunderbar
Da ist die Ärztin Dawn. Dankbar schaut sie auf die Erfolge im alltäglichen Kampf um die Gesundheit und Rettung ihrer Patienten zurück. „Ärztin zu werden gehört zum Schwierigsten, was ich je unternommen habe. Aber das war es wert!“, sagt sie und kann auf manch eine Lebensrettung und Verbesserung in der Gesundheitsfürsorge zurückblicken, aber auch die Probleme der Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder die Folgen der Gewalt gegen die Frauen und Mädchen benennen. Auf Gottes Geschenk, sie Ärztin werden zu lassen, sagt sie: „Ich antworte auf Gottes Segen durch meinen Dienst als Ärztin für die Menschen auf den Cookinseln, denn ich habe erfahren, dass der Schöpfer uns wunderbar gewebt hat.“
Wunderbar geschaffen – Von Menschen bedroht und zerstört
„Gott du kennst uns! Gott du bist bei uns! Zu dir beten wir!“ Leider sind es nicht nur zwischenmenschliche Probleme, die das Leben auf diesen 15 Inseln bedrohen. Der Kampf um die Rohstoffe und der Klimawandel schlagen immer deutlicher zu.

Im Fürbittengebet wurden alle Bedrohungen vor Gott getragen. Da ist der ansteigende Meeresspiegel, mit seinen Überflutungen, der das Land untergehen lässt. Zyklone bedrohen die Atolle im weiten Meer und zerstören sie. Industrienationen begehren Rohstoffe wie die wertvollen Manganknollen, die auf dem Meeresgrund liegen. Ihr Abbau wird auf das gesamte Ökosystem des Südpazifiks Auswirkungen haben.
Sehnsucht nach Kraft zur Veränderung
Im Bewusstsein, der von Menschen verursacht und begangen Taten, beinhalteten die Bitten den tiefen Wunsch, die Kraft der Veränderung zu bekommen und von Gottes Liebe umhüllt zu werden. Sie schenken die Fähigkeit der Begegnung in Würde und bewahren vor Egoismus und Habgier. So von Gott bereichert entsteht die Kraft, um in der Weltgebetstagsbewegung vereint zu bleiben und seine Liebe an allen Orten sichtbar zu machen. „Denn, was wir glauben, verändert unsere Wirklichkeit. Weil Gott uns kennt und bei uns ist, können wir mit unseren Gaben und Talenten der Welt dienen und zum Segen werden!“ Eine Erkenntnis, die auch im gemeinsamen Vaterunser in der Herzenssprache der Maori und im Anschluss der Herzenssprache aller Gottesdienstbesucherrinnen und Besucher zum Ausdruck kam, bevor der Segen: „Geht nun hin und lebt die gute Nachricht … Mut machte, das Motto des Weltgebetstag „informiert beten, betend handeln“ im Alltag umzusetzen.

Innerlich verbunden mit den Frauen der Cookinseln und erfüllt von der Vielfalt der Eindrücke aus dem Gottesdienst konnten im Anschluss alle im Bonhoeffer-Gemeindehaus bei einem Imbiss mit Bananenbrot, exotischen Dips und anderen Sachen erste Ideen der Umsetzung miteinander teilen.
Fotos Bernhard Laß