
Irgendwie scheint diese alte Geschichte ihre Aktualität nicht zu verlieren. Ein Mensch wird verhaftet, unter dubiosen Verdächtigungen festgehalten und gefoltert, seine Freunde haben ihnen verraten oder halten sich zumindest aus Angst zurück, dann wird ein Schauprozess veranstaltet schließlich folgt mehr oder weniger öffentlich eine Hinrichtung. Täglich passiert das, verteilt über die ganze Welt. Dass Menschen so etwas tun können? Ich möchte doch das Gute im Menschen sehen und Geschichten von gelungenem Leben hören. Stattdessen höre ich Passionsgeschichten von heute und von damals, von Jesus eben auch.
Die zentrale Geschichte des Leben Jesu ist die Geschichte seines frühen Todes, mit all ihren Verstrickungen in die Wirren der damaligen Zeit. Ja, Jesus hat das alles ausgehalten bis zum bitteren Ende. Und so kommen wir an dem Thema Leid und Gewalt nicht vorbei in unserer Kirche, in unserem Glauben.
Ein solcher Glaube ist zunächst einmal realistisch, denn er blendet einen breiten Bereich des Lebens nicht aus. Natürlich stehen Folter und Hinrichtungen Gott sei dank nicht an der Tagesordnung, aber Leid und Schuld prägen jedes Leben mit. Niemand kommt ungeschoren davon. Da bin ich froh um eine Religion, die mich damit nicht allein lässt. Es ist tröstlich zu wissen, dass Gott all das nicht fremd ist, dass er es selbst erlebt hat in Jesus Christus, von dem wir ja glauben dass er Gottes Sohn ist, dass er eins ist mit Gott.
Gott ist das Leid nicht fremd, aber es behält für ihn nicht das letzte Wort. Denn die Evangelien berichten nicht nur von Jesu Tod sondern auch von seiner Auferstehung. Sichtbar und beweisbar ist das natürlich nicht, an dieser Stelle scheiden sich die Geister. Letztlich muss sich jeder selbst befragen, glaube ich das - oder gebe ich denen recht die spotteten und Gewalt ausübten und meinten mit dem Tod hätten sie Jesus erledigt.
Es ist eine Glaubensfrage, die Konsequenzen hat. Denn wenn ich glaube, dass nicht der Tod und seine Helfershelfer das letzte Wort haben, sondern Gott, dann brauche ich vor den Abgründen des Lebens nicht mehr in Schrecken zu erstarren. Dann bleibt das Leid zwar Leid und Schuld zwar Schuld, aber es bleibt nicht ohne Antwort und nicht ohne Trost. Was Menschen nicht vermögen, vermag Gott: das Leid überwinden, Wunden heilen, Geborgenheit schenken, selbst da wo Menschen nichts mehr ausrichten können, selbst im Tod. Wer daran glauben kann, hat es gut.