
Predigt zur Verabschiedung von Petra Masuch-Thies
und zur Einführung von Janina Keßler und Philipp Swiderski, 16.01.2025
St. Stephani, Gladbeck
eg 546,4
Superintendent Steffen Riesenberg
Stern über Bethlehem, kehrn wir zurück,
steht noch dein heller Schein in unserm Blick,
und was uns froh gemacht, teilen wir aus,
Stern über Bethlehem, schein auch zu Haus!
Ja, liebe Gemeinde an diesem Festtag, wir sind noch in der Zeit nach Weihnachten. Bei uns zu Hause ist der Weihnachtsbaum schon abgeschmückt, die Kugeln wieder gut verstaut im Keller. Die Nikoläuse haben wir eingesammelt und die Geschenke in den Alltag gut einsortiert. Nur die Sterne, die sind noch da. Bis Anfang Februar bleiben sie hängen, der große Herrnhuter Stern vor der Tür und die kleinen in den Fenstern. Weil wir den Schein von Weihnachten mitnehmen wollen ins neue Jahr. Vielleicht auch, weil wir uns von der Freude und dem Licht von Weihnachten noch nicht trennen, und dem grauen und dunklen Alltag noch nicht ganz das Regiment überlassen wollen.
Und auch, weil die Weisen aus dem Morgenland eine eigene Zeit brauchen, wenn wir sie recht verstehen wollen. Die kurze Beschreibung „Weise aus dem Morgenland“, so wie Matthäus sie in seinem Evangelium notiert hat, sie hat Theologinnen und Theologen inspiriert. Dass es drei Weise waren, steht da eigentlich nicht, ebenso wenig, dass sie Könige waren. Die Zahl kam durch die drei Geschenke, das wurde, sozusagen, rückwärts ausgerechnet: Gold, Weihrauch und Myrrhe – jeder ein Geschenk. Der Kirchenvater Origines hat versucht, diese Geschenke zu deuten, und seine Deutung hat bis heute Bestand: Gold als passendes Geschenk für einen König, Weihrauch als passendes Geschenk für einen Priester, und Myrrhe als prophetisches Geschenk, weil damit Tote gesalbt werden. In einer syrischen Überlieferung waren es übrigens 12 Könige mit großem Gefolge.
Mächtige Leute müssen sie gewesen sein, doch ob sie Könige waren? Einige Jahrhunderte später hat man sich ihre Identität ausgemalt: Ein junger Mann, einer mittleren Alters und ein Älterer, um deutlich zu machen: Hier kommen alle Generationen an die Krippe. Dann kamen Namen dazu: Kaspar, Melchior und Balthasar, ein persischer Name, ein hebräischer Name und ein babylonischer Name. Im Mittelalter hat man das dann auch noch auf die drei Kontinente Afrika, Asien und Europa bezogen. Das sollte sagen: Die ganze (damals bekannte) Welt kommt an die Krippe. Daher kommt auch das fatale und rassistische Missverständnis von dem einen schwarzen König. Der irische Mönch Beda Venerabilis beschrieb die drei Weisen anhand ihrer Bärte, und die Angabe „schwarz“ bezieht sich eindeutig auf den Bart. Und deshalb gilt: Es ist eben keine weiße Krippenlandschaft, zu der ein Afrikaner als Gast kommt. Wenn überhaupt, dann sind eher wir weißen Mitteleuropäer die Gäste an der Krippe.
Martin Luther hat mit diesen Dingen nicht viel zu tun gehabt. In einer Predigt zum Dreikönigstag hat er gesagt: „Diese Weisen nennet man allgemein: die drei Könige. Vielleicht nach der Zahl der drei Opfer. Das überlassen wir lieber den Einfältigen, denn es ist wirklich nicht entscheidend. Es ist nämlich nicht bekannt, ob es nun zwei oder drei gewesen sind oder wie groß ihre Zahl war. Der Evangelist schreibt ‚Magos‘, auf deutsch sagen wir: Weissager. Darum sind diese Weisen keine Könige gewesen, sondern Gelehrte, und sie waren erfahren in Naturwissenschaften.“
Drei (oder so) kommen also zur Krippe, und uns passt diese Dreizahl heute ganz gut. Sie kommen, weil sie einem Stern gefolgt sind. Sie kommen an und sind hocherfreut, als sie das Kind sehen. Sie tun ihre Schätze auf und sagen mit ihren Geschenken etwas Wesentliches über ihren Glauben, also über ihre Einstellung zu Gott und zur Welt. Das ist ihre Art der Anbetung. Und dann gehen sie auch wieder.
Stern über Bethlehem, kehrn wir zurück,
steht noch dein heller Schein in unserm Blick,
und was uns froh gemacht, teilen wir aus,
Stern über Bethlehem, schein auch zu Haus!
Liebe Gemeinde, in diesem Gottesdienst verabschieden wir Petra Masuch-Thies und wir führen Janina Keßler und Philipp Swiderski ein. Drei Weise, zwei Generationen, und ob Dorsten, Herne, Recklinghausen, Stadtlohn, Hattingen und Gelsenkirchen als die ganze Welt zählen, das müssen Sie selbst überlegen.
Liebe Petra Masuch-Thies! Nach über 37 Jahren in unserem Kirchenkreis sind sie zum Jahreswechsel in den Ruhestand getreten. Es wäre vermessen, wenn ich mir anmaßen würde, diesen Zeitraum überblicken und ihr Wirken vollständig würdigen zu können: Immerhin war ich selbst am 1. September 1987, als sie ihren ersten Arbeitstag hatten, noch keine fünf Jahre alt. „Die Zeit verging wie im Flug“, haben Sie mal gesagt, und deshalb erlaube ich mir zumindest einen Überblick: Sie waren zunächst befristet eingestellt, und sie haben mir bildlich von dem kleinen Tischchen erzählt, an dem sie zuerst gearbeitet haben. Die Befristung wurde bald aufgehoben, manchmal sind es ja genau diese kleinen Dinge, aus denen dann ein ganzes Berufsleben wird. Von Anfang an haben Sie ihre Arbeit selbst gestaltet und organisiert und ihre Arbeitsfelder mit Leben gefüllt. Diese große Selbständigkeit haben Sie immer geschätzt: Gründlich, zuverlässig und fürsorglich haben Sie Ihre verschiedenen Aufgaben wahrgenommen. Da war zunächst die Frauenarbeit. Sie haben als erste Frauenreferentin im Kirchenkreis für die Vernetzung der Frauen in den Gemeinden gesorgt, Sie haben Bildungsarbeit für Frauen vorangetrieben und Sie haben sich der Frauenförderung verschrieben. Viele Frauen (und manche Männer auch) haben viel von Ihnen gelernt und haben Ihnen viel zu verdanken! Dieses Engagement reichte auch auf die landeskirchliche Ebene: Dort haben Sie unter anderem am Gleichstellungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen mitgewirkt.
Nach der Pensionierung von Aki Lippek kam dann Ihr Wechsel in die Erwachsenenbildung. Ein neues Arbeitsfeld mit neuen Netzwerken und neuen Regeln und Methoden. Mit dem Kerngeschäft – die Organisation von Bildungsprozessen für Erwachsene – kannten Sie sich ja schon gut aus. So haben Sie unsere Regionalstelle über viele Jahre gut geleitet, viele innovative Angebote gestaltet und manche prägende Reise unternommen – zuletzt nach Japan. Für viele Menschen sind die Fahrten zur Buchmesse oder der Kinoabend mit der Kirche regelmäßige Gewohnheiten geworden. In den vergangenen Jahren habe ich Ihnen immer abgespürt, dass Sie das, was Sie machen, selbst auch interessant finden. Und das ist glaube ich eine wichtige Voraussetzung für gute Bildungsarbeit. Im Vorstand des westfälischen-lippischen Bildungswerkes haben Sie Verantwortung übernommen.
All das haben Sie nicht allein gemacht: Die Kooperation und die Zusammenarbeit mit anderen war Ihnen immer ein Herzensanliegen, nicht nur, weil man zu zweit mehr schafft als allein. Ihre Referentinnen und Referenten haben Sie gut umsorgt, Ihre beruflichen Netzwerke gepflegt – einige Weggefährtinnen und Weggefährten sind ja heute auch hier. Mit dem Frauenbeirat und dem Ausschuss für Erwachsenenbildung haben Sie immer darauf geachtet, dass Ihre Arbeit dem Aufbau der Kirche dient.
Auch persönlich möchte ich Ihnen für die gute Zusammenarbeit danken. Sie wissen, dass Sie mich manchmal genervt haben, wenn ich es einfach und schnell haben wollte, Sie es aber gründlich und durchdacht brauchten. Danke dafür!
Liebe Frau Masuch-Thies, das ist Ihre Form gewesen, Ihre Gaben zur Krippe zu bringen. Eine weise Frau, die über 37 Jahre lang ihre Schätze aufgetan hat, um Gott die Ehre zu geben und den Menschen zu dienen.
Lieber Philipp Swiderski! Sie sind ein geduldiger Mensch. Das haben wir schon erfahren, bevor Sie am 1. August 2024 bei uns als Klimamanager angefangen sind. Denn die Bewerbung und die Zusage, dass wie Sie gerne bei uns hätten, war da fast schon ein ganzes Jahr her. Doch weder die Weisen im Bundesverfassungsgericht noch manche Schwierigkeit mit den Weisen bei den Fördermittelgebern haben Sie abgehalten davon, den mit der Bewerbung eingeschlagenen Weg zu verlassen. Danke für Ihre Geduld! Für uns sind Sie ein Segen gewesen: Aus Ihrer Kirchengemeinde in Recklinghausen-Süd bringen Sie Erfahrung in der Jugendarbeit mit, fast zehn Jahre lang haben Sie als Honorarkraft dort mitgearbeitet. Sie haben Water Science studiert und sich in der Masterarbeit mit dem „Abbau von Mikroverunreinigungen durch Ozon“ beschäftigt. Sie sind also auch ein Gelehrter, erfahren in den Naturwissenschaften. In Stadtlohn haben Sie zwei Jahre lang ein integriertes Klimaschutzkonzept erstellt, und jetzt machen Sie das für uns. Nicht nur Ihre Geduld, sondern auch Ihre Gründlichkeit, Ihre Computerkenntnisse und Ihr vielseitiges Interesse für alles aus dem Bereich Klimaschutz und Umwelt sind Gaben, die Sie zur Krippe bringen. Ein weiser Mann, der seine Schätze auftut und uns hilft, die Schöpfung besser zu schützen und nachhaltiger zu wirtschaften, um Gott zu ehren und den Menschen zu dienen.
Liebe Janina Keßler! Im Vorstellungsgespräch haben Sie gesagt, dass Sie jetzt die Zielgruppe wechseln: Einmal wegen Ihres persönlichen Lebensalters, aber dann eben auch bei der Arbeit. Sie kommen von einer Jugendkirche und sind zum 1. Januar in der Erwachsenenbildung gestartet. Das Bistum Essen betreibt die Jugendliche GleisX in Gelsenkirchen, deren Team Sie in den letzten Jahre leiten durften. Das zeigt, wie Sie Ihre Gaben als Sozialarbeiterin in den Kontext der Kirche einbringen. Sie sind katholisch, und wir freuen uns, dass Sie Ihre Erfahrungen und Ihren Blick auf die Kirche bei uns einbringen wollen. Sie haben Ihre Masterarbeit über gute Beispiele ehrenamtlichen Engagements bei Jugendlichen geschrieben und damit ein Studium des Managements von diakonischen und sozialwirtschaftlichen Organisationen abgeschlossen. Seit den Pfadfindern haben Sie Erfahrung in der Gestaltung von Bildungsprozessen, und vor allem sind Sie geübt darin, sich in neue Zusammenhänge einzuarbeiten und tragfähige Netzwerke aufzubauen. Ihre Antwort auf die Frage, was denn das Spezifische an christlicher Bildungsarbeit sei, hat uns nachhaltig beeindruckt!
Eine weise Frau, die ihre Schätze auftut und uns hilft, miteinander und voneinander zu lernen, in generationsübergreifender und ökumenischer Perspektive, und um damit Gott zu ehren und den Menschen zu dienen.
Liebe Gemeinde, wir alle bringen Gaben mit zur Krippe? Nicht, weil wir dem Kind überhaupt irgendetwas schenken müssten. Sondern weil unsere Gaben und unser Einsatz eine Antwort ist auf dieses große Geschenk, das Gott uns macht. Der katholische Bischof Franz Kamphaus hat es so gesagt: Mach’s wie Gott – werde Mensch.
So sind es nicht nur drei, sondern viel mehr Menschen, die zur Krippe kommen und ihre Anbetung zeigen im Engagement füreinander und für die Welt. Eine jede und ein jeder von uns trägt zu dieser Kirche bei, die Gott ehrt und den Menschen dient.
So teilen wir aus, was uns froh gemacht hat und lassen den Stern auch zu Hause scheinen. Und damit komme ich zum Ende: Wenn Sie mögen, dann lassen Sie doch beim Aufräumen einen Stern übrig. Ein kleiner oder großer, der kann irgendwo liegen oder hängen, und dann und wann erinnert er Sie daran, dass das Licht des Sterns das ganze Jahr über für uns alle leuchtet. Amen.