Georg Friedrich Händel: Messias

Samstag, 21. Dezember 2024, 18:00 Uhr
Pauluskirche Hamm, Marktplatz 16, 59065 Hamm
Solisten, Orchester der Pauluskirche, Ev. Kantorei Hamm, Leitung: Kreiskantor Heiko Ittig

Ausführende:

Katharina Sahmland – Sopran; Annika van Dyk – Alt; Jens Zumbült – Tenor; Lars Conrad – Bass
Ev. Kantorei Hamm; Paulusensemble Hamm;  Leitung: Kreiskantor Heiko Ittig

Eintrittskarten im Vorverkauf:

Kat. 1: € 20,- / € 15,- erm.; Kat. 2: € 18,- / € 13,- erm.; online

Abendkasse: € 25,- / € 20,- erm.

Der Messias, HWV 56

Der Messias ist nicht nur Händels bekanntestes Werk - er gilt als das Urbild des Oratoriums schlechthin. Das ist umso verwunderlicher, als Der Messias für Händels Schaffen etwa so untypisch ist wie das Requiem im Werk Giuseppe Verdis. Seine Berühmtheit verdankt es weniger der musikalischen Qualität als vielmehr seiner besonderen Rezeptionsgeschichte. Seit 1750 in nahezu ununterbrochener Folge alljährlich in der Kapelle des Foundling Hospital in London aufgeführt, trug Der Messias zunächst dazu bei, das Oratorium nach einer hundertfünfzigjährigen Aufführungsgeschichte in Betsälen, Privaträumen, Theatern oder öffentlichen Konzertsälen nun in der Kirche zu etablieren. Die Londoner Aufführung zum Händelfest im Jahre 1784 in der Westminster Abbey, an der Musikliebhaber aus ganz England im Chor und im Orchester mitwirkten, ebnete später dann den Weg für jene Tradition, aus der das Oratorium noch heute schöpft: als musikalischer Bezugspunkt aller Laienchöre, deren Aufführungskalender sich seit ihrer Begründung im späten 18. Jahrhundert um den Messias oder ein anderes Oratorium Händels gruppiert.

Dabei hatte es Der Messias, bei seiner Uraufführung in Dublin noch als »Grand Musical Entertainment«, später in Londoner Konzertsälen als »Sacred Oratorio« angekündigt, zunächst nicht leicht, sich gegen die Widerstände aus kirchennahen Kreisen zu behaupten. Das Publikum tat sich schwer mit der Einordnung des Werkes, dessen Text der Bibel entnommen und doch in einer Weise zusammengestellt war, die jede gottesdienstliche Verwendung ausschloss. Auch wenn Charles Jennens, der den Text aus dem Alten und dem Neuen Testament zusammenstellte, es - anders als später Beethoven in Christus am Oelberge - tunlichst vermieden hatte, Christus selbst »auftreten« zu lassen, wurde die Präsentation des Gottessohnes auf einer Konzertbühne als blasphemisch angesehen. Der Messias, dessen textlichen Kern die Prophezeiungen Jesajas und Jeremias sowie Paulusbriefe und die Apokalypse bilden, reflektiert über den Erlöser, ohne ihn selbst vorzuführen. Obwohl nach den Regeln des Theaters zu drei Akten zusammengestellt, ist der Text doch weder als dramatische Handlung noch als epischer Bericht über Leben und Sterben des Jesus von Nazareth konzipiert; jeder der drei Teile kreist um einen zentralen Gedanken, beleuchtet ihn von allen möglichen Seiten, fügt das Bild des Messias kaleidoskopartig zusammen:

Im ersten Teil steht die Geburt dessen im Zentrum, der die Menschen aus Drangsal und Missetat erlösen soll, der zweite Teil handelt von Passion und Himmelfahrt, von dem Sieg Gottes über die Heiden, der dritte schließlich, der das Jüngste Gericht und die Erlösung zum Thema hat, spannt den Bogen zum Anfang zurück. Ebenso wie Jennens bei der Auswahl und der Zusammenstellung des Librettos auf eine Balance zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, zwischen erzählenden und reflektierenden Texten achtete, lag Händel an einer ausgewogenen Verteilung musikalischer Formen und Stilmittel, die jedem Eindruck einer dramatischen Handlung entgegenwirken. Rezitativ und Arie sind nicht, wie in der Oper oder der protestantischen Passion, nach ihrer inhaltlichen Funktion getrennt, sondern folgen nach den Kriterien einer musikalischen Steigerung aufeinander. Accompagnato-Rezitative, Arien und Chöre halten sich zahlenmäßig fast die Waage, jeder der drei Teile enthält ein Duett, und Händel unterstreicht das Gleichgewicht dieser verschiedenen musikalischen Bereiche zusätzlich, indem er die Übergänge von einer zur anderen Nummer durch thematische Verbindungen verwischt und die musikalischen Formen selbst aus ihrem Traditionszusammenhang löst. So ist etwa nur eine geringe Zahl der 13 Arien, darunter die große Alt-Arie »Er ward verschmähet« vom Beginn des 2. Teils, in der traditionellen Da-capo-Form komponiert. Und die stilistische Bandbreite der Chöre reicht von der durchsichtig-eleganten Virtuosität jener vier Nummern, denen Händel einige kurz zuvor komponierte italienische Kammerduette zugrunde legte (»Und er wird reinigen«, »Denn es ist uns ein Kind geboren«, »Sein Joch ist sanft« und »Der Herde gleich«), über altertümliche Polyphonie wie in dem Chor »Durch seine Wunden« bis zu jener am anglikanischen Anthem geschulten monumentalen Homophonie des »Halleluja«, die Charles Burney Händels »großen Wauwau-Stil« nannte. Der Messias vernetzt musikalische Elemente jenseits der Gattungskonventionen, jenseits der nationalen Eigenheiten und konfessionellen Bindungen, aus denen sie stammen neben den genannten auch so disparate Bereiche wie die Chorfuge der norddeutsch-protestantischen Kirchenmusik (z.B. der Schlusschor) und die Pastorale aus dem Bereich der italienisch-katholischen Volksfrömmigkeit (z.B. die Arie »Er weidet seine Herde«). In dieser ausgewogenen Vielfalt liegt möglicherweise der Schlüssel zu dem epochalen Erfolg gerade dieses Oratoriums, das es am Anfang so schwer hatte, eine künstlerische Heimat zu finden, heute aber zu jenen Werken gehört, deren Melodien man überall - in der Kirche, im Konzertsaal, bei Militärparaden, in der Fernsehwerbung, im Supermarkt - begegnen kann: Indem es selbst nirgendwo definitiv angesiedelt war, empfahl es sich für Verwendungen jeglicher Art.

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